Britischer Anwalt veröffentlicht Opferfotos

Ein Urteil und sechs Freisprüche nach Tod in Haft im Irak: Nun legt die Verteidigung Beweise für Folter vor

DUBLIN taz ■ Es ist ein schockierendes Foto, das am Dienstag in London veröffentlicht wurde. Die Spuren der Folter sind im Gesicht von Baha Mousa deutlich zu erkennen. Der 26-jährige Hotelangestellte war 2003 von Soldaten des britischen Lancashire-Regiments im irakischen Basra verhaftet worden. Wenige Tage später war er tot. Die Autopsie stellte 93 Verletzungen fest.

Sein Vater, Daoud Mousa, Oberst bei der Polizei von Basra, sagte am Montag: „Als ich die Leiche meines Sohnes sah, brach ich in Tränen aus. Seine Nase war gebrochen, Blut lief ihm aus Nase und Mund. Die Haut auf einer Seite seines Gesichts war weggerissen, auf seiner Stirn und unter seinen Augen fehlte die Haut ebenfalls.“

Sechs Soldaten sind im März vom Vorwurf der Gefangenenmisshandlung freigesprochen worden. Nur im Falle des 35-jährigen Unteroffiziers Donald Payne lautete das Urteil auf schuldig, weil er die Misshandlung gestanden hatte. Er ist der erste britische Soldat, der wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde. Das Strafmaß soll Ende des Monats festgelegt werden. Richter McKinnon sagte nach dem Freispruch der sechs Soldaten: „Sie sind nicht verurteilt worden, weil es wegen des mehr oder weniger offensichtlichen Schulterschlusses keine Beweise gab.“

Phil Shiner, der Anwalt der Familie Mousas, sagte: „Das Video, das dem Kriegsgericht vorgespielt wurde, macht deutlich, dass man vollkommen taub sein musste, um nicht mitzubekommen, was geschah. Wir reden hier von Folter, nicht von erniedrigender Behandlung. Wir reden von Techniken, die von der Regierung 1972 verboten wurden.“

Shiner sagte, er habe die Fotos veröffentlicht, weil die Fragen nach dem Ausmaß der Foltertechniken beantwortet werden müssen. Bis vorgestern hatte nur das Kriegsgericht die Fotos zu Gesicht bekommen. Außerdem machte Shiner den bisher geheimen Bericht des Pathologen der Luftwaffe öffentlich. „Die Vielfalt der Verletzungen und ihre Verteilung über den ganzen Körper deuten auf systematische Schläge über einen längeren Zeitraum hin“, heißt es darin.

Gestern kamen sechs Testfälle, darunter der Fall Mousa, vor das Londoner Oberhaus. Die Lords sollen feststellen, ob die Europäische Menschenrechtskonvention auch für die Soldaten im Irak gilt. Shami Chakrabarti, die Direktorin der Menschenrechtsorganisation Liberty, verlangt eine unabhängige Untersuchung des Verhaltens britischer Soldaten im Irak.

RALF SOTSCHECK