Telekom-Kampf mit harten Bandagen

Bei den Verhandlungen über die geplante Auslagerung von Service-Mitarbeitern gibt es keinen Fortschritt. Die Konzern- führung droht mit dem Verkauf von Unternehmensteilen, die Gewerkschaft diskutiert über einen „Erzwingungsstreik“

VON CHRISTINE ZEINER

Auch im vierten Anlauf gab es keine Einigung – und der Ton wurde noch schärfer zwischen Telekom-Führung und Gewerkschaft: Erstmals war gestern von „Verkauf“ die Rede. Bislang plante der Vorstand der deutschen Telekom, den Service-Bereich und mit ihm 50.000 Mitarbeiter in Subunternehmen auszugliedern.

Der Konzern droht damit der Gewerkschaft Ver.di. Diese wehrt sich gegen die geplanten Ausgliederungen und die damit verbundenen Sparmaßnahmen: Die Pläne sehen vor, die Arbeitszeit in den Callcentern und Servicebereichen von 34 auf 38 Stunden pro Woche anzuheben und die Einkommen in den kommenden Monaten schrittweise um zwölf Prozent zu senken. Für neue Mitarbeiter soll es niedrigere Einstiegsgehälter geben. Im Gegenzug bietet das Unternehmen an, bis zum Jahr 2010 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Möglicherweise würden sogar „neue Arbeitsplätze in signifikanter Höhe“ geschaffen werden, weil auf Leiharbeiter verzichtet werden könne, erklärte ein Sprecher der Telekom.

Ver.di hält von den Plänen nichts: Auf der Grundlage des bisher Vorgelegten sei eine Einigung „völlig ausgeschlossen“, sagte Ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder. Wenn Wochenarbeitszeiten verlängert würden, brächte das einen Abbau und keine Schaffung von Stellen mit sich.

„Ver.di scheint die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt zu haben“, sagte hingegen Torsten Gerpott, Professor für Telekommunikationswirtschaft an der Uni Duisburg der taz. Für die betroffenen Mitarbeiter würden andere Tarifverträge gelten, die „sicherlich keine Verbesserung bedeuten“ würden. Allerdings seien die Arbeitsplätze bei „den derzeitigen Lohnbedingungen“ nicht zu halten.

Noch würden eben keine Dumpingpreise in den Callcentern gezahlt, meint hingegen Ver.di-Pressesprecher Jan Jurczyk. „Die Beschäftigten sollen nicht für die Aktionäre bluten.“ Im abgelaufenen Geschäftsjahr sank der Konzerngewinn von 5,6 Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden. Die Dividende blieb mit 72 Cent je Aktie 2006 im Vergleich zum Vorjahr aber gleich unverändert. Doch für die Telekom-Führung müssen die Kosten sinken und die Dienstleistungen verbessert werden: Zu viele Kunden hätten der Telekom zuletzt den Rücken zugekehrt.

Kein Wunder, dass der Service schlechter geworden sei, wo es doch in diesen Bereichen im Vergleich zum Jahr 1995 rund 60.000 Mitarbeiter weniger gebe, kontert Jurczyk. Um den Druck zu verringern, schlägt Ver.di vor, über einen „Arbeitszeit-Kredit“ zugunsten der Telekom zu verhandeln: Erbrachte Arbeitsleistung müsste in einem bestimmten Umfang erst später bezahlt werden.

Unterdessen gingen die Proteste gegen die Pläne der Telekom-Führung gestern weiter: 12.000 Beschäftigte haben laut Ver.di die Arbeit niedergelegt. Auch über einen „Erzwingungsstreik“ beriet die Große Tarifkommission gestern in Göttingen.