Feuerberg: Das Ende ist nah

Um das Heim für Jugendliche ist es ruhig geworden: Nur zwei Entweichungen und sieben besondere Vorfälle gab es seit Herbst 2006. Die Opposition prophezeit trotzdem die baldige Schließung

VON KAIJA KUTTER

Neben der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße (GUF) wird es heute lauter. Unter dem Motto „Kinder sind Zukunft und die Zukunft ist offen“, laden 20 Kinder- und Jugendeinrichtungen auf einer benachbarten Wiese der Stiftung Alsterdorf zu einem Kinderfest ein. Mit Musik, Kletterwand, Hüpfburg und Luftballons wollen sie im Rahmen ihrer Kampagne „Entschlossen offen“ Solidarität zeigen. Man wolle auf berufsethische Prinzipien hinweisen, heißt es in der Einladung. Jugendhilfe könne in Freiheit gelingen.

Anlass zu fragen, wie es aussieht in dem Heim, das seit zwei Jahren einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) beschäftigt. Der neigt sich dem Ende zu. Wenn es nach der CDU geht, noch vor der Sommerpause, wenn es nach SPD und GAL geht, bald danach. „Wir haben dort viele Verstöße ans Tageslicht gebracht“, sagt die GAL-Obfrau im PUA, Christiane Blömeke. Nun müsse man den Bürgermeister und die Sozialsenatorin als eigentliche Verantwortliche hören und „die Befragungen in Ruhe zu Ende führen“.

Sind die PUA-Akten erst mal geschlossen, wird es für die Öffentlichkeit fast unmöglich, zu erfahren, was hinter den Mauern vor sich geht. Alles, was dort aufgedeckt wurde, vom Personalmangel, schlechter Führung, fehlenden pädagogischem Konzept bis hin zum Bruch des Postgeheimnisses, illegalen Aids-Test und unerlaubter Psychopharmaka-Vergabe und Fesselung von Jugendlichen durch den Wachdienst, bezieht sich auf die Vergangenheit, die Zeit von der Heimeröffnung bis zum PUA-Start im April 2005.

Darüber, was seitdem passiert, gewähren nur die Kleinen Anfragen Auskunft, wie sie der SPD-Obmann Thomas Böwer Monat für Monat stellt.

„Es ist dort vielleicht ruhiger geworden auf Grund des Drucks“, sagt Böwer. „Aber es ist keine Erfolgsgeschichte.“ So achte der neue Staatsrat Dietrich Wersich wohl schon darauf, dass die private Securitas nur noch nachts Wache hält, und nicht mehr am Tage. Auch die Vergabe von Psychopharmaka kam offenbar bis auf eine Ausnahme, wo der Junge bereits bei Einweisung das Medikament nahm, nicht mehr vor.

Ein Indikator für Stress in der Einrichtung ist die Häufung der „Besonderen Vorkommnisse“ (BV). Im Halbjahr vor der PUA-Einsetzung gab es 83 BV, im vergangenen Halbjahr nur sieben. Auch die geben kein rosiges Bild ab. Am 16. September 2006 kam es zu einer „Selbstverletzung“ eines Jugendlichen, am 4. November notiert die Heimleitung einen „Übergriff gegen pädagogisches Personal“. Im Dezember wurden gleich vier Vorfälle gemeldet, darunter ein Cannabis-Konsum, wieder eine Selbstverletzung, ein Übergriff auf Pädagogen, „Versuch, eine Entweichung vorzubereiten“ und eine 14-tägige Flucht. Im Januar gab es eine Entweichung, im Februar eine Sachbeschädigung.

„Das sind Peanuts. So etwas kommt in anderen Wohngruppen auch vor“, sagt der CDU-Jugendpolitiker Klaus-Peter Hesse. Gleichwohl will er im Herbst 2008 evaluieren lassen und einen „Strich ziehen“.

„Ich glaube, dass die das totlaufen lassen“, sagt Böwer. Sollte die CDU wider Erwarten die Wahl gewinnen, werde sie das Heim „selber dicht machen“, dafür sprächen die Zahlen. Bei gerade mal sechs Jungen im Heim koste die Unterbringung pro Kopf im Monat mehr als 25.000 Euro. Und anders als gewollt steige die Zahl der Kinder, die in Wohngruppen außerhalb Hamburgs untergebracht sind, stetig an, von 1.056 im Jahr 2001 auf zuletzt 1.236. Böwer: „Es klappt also nicht, zu sagen, Hamburg löst mit der Feuerbergstraße seine Probleme selber.“

Auch die Idee Wersichs, mit einer offenen Wohngruppe für Ehemalige die Nutzerzahl auszuweiten, funktioniert bisher nicht. Nur ein Junge wohnt dort. Für Blömeke kein Wunder. „Kein anderes Heim hat so drastische Sicherheitsmaßnahmen“, sagt sie. „Wenn dann ein Junge rein und raus darf, während die anderen hinterm Zaun stehen, wird es schwierig.“

Kinderfest der Stiftung Alsterdorf, Paul-Stritter-Weg, Von 15 bis 18 Uhr