Wenn der Muezzin fünfmal ruft

RAMAZAN UCAR, 40, Imam an der Centrum-Moschee in Hamburg, ist Vorsitzender des Bündnisses islamischer Gemeinden in Norddeutschland.

taz: Herr Ucar, Sie fordern den öffentlichen Muezzin-Ruf. Warum?

Ramazan Ucar: Es wird Zeit, dass die Moscheen die gleichen Rechte bekommen wie die Kirchen. Die Türme der Kirchen sind für Glocken da. Darum sollte man, wenn man Minarette baut, den Gebetsruf machen dürfen.

Es gibt nirgendwo einen Gebetsruf?

Doch, in manchen kleinen Städten wie in Neumünster gibt es das. Die machen das nicht im Sommer um 4.30 Uhr, sondern von acht bis 22 Uhr, und die Dezibelzahl ist beschränkt. Aber in Hamburg gibt es das nicht.

Der Muezzin ruft in Hamburg überhaupt nicht?

Er ruft in der Moschee, aber das hat keinen Sinn. Die Leute, die in der Moschee sind, brauche ich nicht zum Gebet einladen, die sind schon da.

Sie wollen die Rufe mit Lautsprecher übertragen?

Ja, aber das muss mit den Behörden geregelt werden. Nur in einer bestimmten Lautstärke und nicht rund um die Uhr.

Wie oft würde der Muezzin rufen?

Fünfmal am Tag. Als Beispiel sehen wir Istanbul, dort hört man von einer Seite die Glocken und von der anderen den Muezzin. Hier ist es eintönig, hier hört man nur die Glocken.

Was wären die konkreten Zeiten?

Es gibt da einen Gebetskalender. Wenn wir als Beispiel heute nehmen, geht es ungefähr um sechs Uhr los, und das Nachtgebet ist um 22 Uhr. Nach 22 Uhr wollen wir nicht und vor sechs Uhr auch nicht, damit wir die Umgebung nicht stören.

Was ist eigentlich bisher in den Minaretten Ihrer Centrums-Moschee drin?

Gar nichts. Die stehen da nur symbolisch.

Muss man dann noch eine Treppe reinbauen, damit der Muezzin hochsteigen kann?

Die Treppe ist schon drin, aber der Muezzin muss nicht hochsteigen. Er ruft von unten, oben sind nur die Lautsprecher.

INTERVIEW: DANIEL WIESE