Männer der Anklage

PROZESS Der Nebenklagevertreter im Verfahren um die Massenschlägerei von Hamburg-Neuwiedenthal gerät in Erklärungsnot. Neben seinen Mandanten vertritt und brieft er wohl auch die Polizeizeugen

„Das ist eine ungeheuerliche Dimension von Mandatsverflechtungen“

VERTEIDIGER UWE MAEFFERT

Im Prozess um die Massenschlägerei vom 26. Juni vorigen Jahres in Hamburg-Neuwiedenthal verdichten sich die Anzeichen, dass Polizeizeugen gebrieft werden. Das brachte die spontane Vernehmung des Nebenklage-Vertreters Andreas Karow durch die Vorsitzende Richterin Birgit Woltas ans Licht. Damit soll erreicht werden, dass der Hauptangeklagte Amor S., der beim Tumult einem Polizisten durch einen Fußtritt Brüche an der Augenhöhle zugefügt haben soll, als Schuldiger verurteilt wird.

Karows Aussage lag ein Vorfall vom Mittwoch zu Grunde. Da hatten die Zivilfahnder-Partner Dirk P. und Thomas B. vor dem Landgericht ausgesagt, dass schon am Tatabend nach S. gefahndet worden sei, da Kollege Jörg Sch. ihn erkannt habe. Als Dirk P. behauptete, die Fahnder hätten die gesamte Nacht die Wohnung von S. observiert, war B. – der sich derweil im Zuhörerraum befand – hörbar der Satz entwichen: „Das ist falsch.“ Davon informierte S.s Verteidiger Uwe Maeffert das Gericht und wollte B. zum Widerspruch erneut hören. In dem Moment war Anwalt Karow zu ihm geeilt und sagte. „Kommen sie mal mit raus.“ Danach floh der Fahnder aus dem Gerichtsgebäude (taz berichtete).

Daher ist auf Antrag Maefferts nun Karow in den Zeugenstand gerufen worden. Auf die Frage der Richterin, was auf dem Gerichtsflur besprochen worden sei, verweigerte Karow mit dem Hinweis die Aussage, dass B. sein Mandant sei. Auf die Nachfrage der nunmehr verdutzten Richterin, ob er noch mehr Mandate von Zeugen habe, sagte Karow: „Ich gebe über meine Mandatsverhältnisse keine Auskunft.“

„Das ist eine ungeheuerliche Dimension von Mandatsverflechtungen“, empörte sich Maeffert. Das sei ein eindeutiges Indiz, dass Karow direkt von der Polizei engagiert worden sei. Denn mit Einsatzleiter Oliver P. und den Zivilfahndern vertritt Karow die Beamten, die plötzlich vor Gericht behaupten, noch nachts nach Amor S. gefahndet zu haben. Das hatte Oliver P. vorher nie angegeben. Zudem gibt es auch keinerlei Funkprotokolle über eine Fahndung. Und auch über die nächtliche Observation gibt es keinen Vermerk. Maeffert geht davon aus, dass Amor S. erst wegen des Fahndungsdrucks tags darauf von Zivilfahnder Jörg Sch. beschuldigt worden ist, der den Vorfall womöglich gar nicht gesehen hat. KAI VON APPEN