Er kann es doch

Greg Poss, als Bundestrainer einst gescheitert, führt die Adler Mannheim zur deutschen Eishockeymeisterschaft. Mit dem teuersten Kader der Liga kann er alle Erwartungen erfüllen

VON CHRISTIANE MITATSELIS

Als es vorbei war, wollte Eishockey-Trainer Greg Poss am liebsten die ganze Welt umarmen. Er herzte seinen Assistenten Teal Fowler und jeden seiner Mannheimer Profis, der sich auf Reichweite näherte. Später blieb Poss am Rande und schaute seinen Profis, die sich auf dem Eis der Mannheimer Arena glücklich mit Sekt übergossen, entrückt lächelnd zu. Durch einen 5:2-Erfolg im entscheidenden Playoff-Finale gegen die Nürnberg Ice Tigers kürten sich die Adler Mannheim am Dienstagabend zum Deutschen Eishockey-Meister 2007. Für die Kurpfälzer ist es der insgesamt sechste Titel – und ein in vielerlei Hinsicht besonderer Sieg. Nur im Viertelfinale gegen die Frankfurt Lions verloren die Adler ein Spiel, danach fegten sie erst die überforderten Kölner Haie und dann die Nürnberger in jeweils drei Begegnungen aus dem Wettbewerb. „Diese Mannschaft ist einfach fantastisch“, sagte Poss mit rauer Stimme.

Sein Glück ist verständlich: Der Adler-Sieg ist nicht nur der Triumph eines wunderbar eingespielten Eishockey-Teams, er bedeutet für Poss die ultimative Befreiung. Den zentralen Satz des Abend sprach Adler-Manager Marcus Kuhl: „Jetzt ist Greg sein Verlierer-Image endgültig los.“ Der 41-jährige US-Amerikaner, der Mann, der die deutsche Nationalmannschaft als Bundestrainer einst in die Zweitklassigkeit geführt hatte, nutzte in Mannheim die Chance, seinen verbeulten Trainerruf zurechtzubiegen. Er gewann seine erste Meisterschaft überhaupt und erfüllte souverän die hohen Anforderungen, die die Vereinsführung an ihn gestellt hatte. Adler-Mäzen Dietmar Hopp investierte wie üblich üppig in den Spieleretat. Gut sechs SAP-Millionen Euro, etwa 20 Prozent mehr als andere Spitzenklubs, durften allein für Profis ausgeben werden. Dafür musste Poss neben der Meisterschaft den Pokalsieg liefern und die DEL-Vorrunde als Primus abschließen. All dies gelang.

Wie sich die Zeiten ändern. Vor fast genau zwei Jahren hatte Poss in Innsbruck einen Total-Absturz als deutscher Auswahl-Coach erlebt. Er war angetreten, den einheimischen Kufencracks offensives Angriffseishockey zu lehren. Die technisch und läuferisch limitierten deutschen Profis waren damit jedoch überfordert. Sie griffen zwar emsig an, wurden aber regelmäßig und ohne Gnade ausgekontert. So stieg Poss bei der Weltmeisterschaft in Österreich am 11. Mai 2005 nach einem 2:6 gegen Slowenien mit der Auswahl in die B-Klasse ab. Da der finanzschwache Deutsche Eishockey-Bund (DEB) einen langfristigen Vertrag mit dem Mann aus New Orleans abgeschlossen hatte und sich eine Entlassung nicht leisten konnte, durfte er weitermachen. Ihm wurde aber der aktuelle Bundestrainer Uwe Krupp als Assistent zur Seite gestellt.

Im Dezember 2005 bekam Poss dann seine Chance in der Kurpfalz. Die Lage war verzweifelt. Zwar hatten die Adler auch damals den höchsten Liga-Etat, sie waren aber ein zerstrittenes und unmotiviertes Team, das nur Tabellen-Rang zehn belegte. Poss konnte nichts mehr ausrichten. Zum ersten Mal seit Einführung der Playoffs 1981 verpasste Mannheim die Endrunde. Der Trainer, der als besessener Arbeiter und Videoanalytiker bekannt ist, gönnte sich keine Pause und begann umgehend mit der Vorbereitung auf die neue Saison. Von März bis August trainierte er durchgehend mit etwa 20 Profis auf dem Eis und schuf so die Fitness-Grundlage für das mitreißende Powerspiel, das die Mannheimer nun in den Playoffs zeigten. Es war eine Wonne, den am Ende völlig berauschten Adlern zuzuschauen. Blitzschnell schalteten sie Defensive auf Offensive um, überrannten die Gegner. Auch Poss’ stundenlange Taktik-Vorträge hatten in Mannheim – anders als bei der Nationalmannschaft – keine verwirrende Wirkung: Mit gewitzten, schnellen und NHL-erfahrenen Stürmer wie Jeff Shantz, der zum MVP (wertvollsten Spieler) der Playoffs gewählt wurde, oder Nathan Robinson und Jason Jaspers, konnte Poss sein Angriffssystem erfolgreich umsetzen. Poss’ Vertrag läuft bis 2008 – vielleicht aber auch länger. „Ich kann mir vorstellen, dass Greg sehr lange bleibt“, sagte Milliardärssohn und Adler-Geschäftsführer Daniel Hopp am Abend des Sieges. Und Poss meinte: „Wir können gute Spieler finanziell dazu bewegen, zu bleiben, das ist schön.“ Es scheint, dass sich da zwei gefunden haben.