Anschläge in Bagdad fordern fast 170 Tote

Viele Frauen und Kinder sind unter den Opfern des Attentats auf dem Markt in der irakischen Hauptstadt

Amnesty international (ai) und andere Menschenrechtsorganisationen haben die EU zu einer verstärkten Aufnahme irakischer Flüchtlinge aufgerufen. Europa sollte seine Grenzen für Iraker öffnen, forderte gestern Kris Pollet vom ai-Büro in Brüssel. Mit Blick auf das morgige Treffen der EU-Innenminister verlangten ai und der Europäische Rat für Flüchtlinge und Exilanten (ECRE) außerdem einen sofortigen Abschiebestopp für Iraker in der gesamten EU. Im vergangenen Jahr suchten nach Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mehr als 20.000 Iraker in der EU Zuflucht. AP

BAGDAD/GENF afp/rtr ■ Bei einer Serie von Bombenanschlägen in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind gestern fast 170 Menschen getötet worden. Der schwerste Anschlag ereignete sich nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium auf einem Markt, mindestens 118 Menschen starben. Ort des Geschehens war das Viertel al-Sadria, wo sowohl Kurden als auch Schiiten leben. 139 Menschen wurden dort verletzt. Unter den Opfern waren auch Frauen und Kinder.

Bis zum Abend wurden in Bagdad fünf Anschläge verübt. Im Schiitenviertel Sadr City starben 35 Menschen, als ein mit Sprengstoff beladenes Auto an einem Kontrollpunkt der Armee explodierte. 44 Menschen wurden dort verletzt.

Seit Mitte Februar ist in Bagdad ein Sicherheitsplan der US-Truppen mit Unterstützung der irakischen Armee in Kraft. In den Wochen und Monaten zuvor waren landesweit täglich etwa 100 Menschen der Gewalt zum Opfer gefallen.

In Genf ging gestern eine Hilfskonferenz für die irakischen Flüchtlinge zu Ende. UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres bezeichnete die Zusage der Regierung in Bagdad, insbesondere Syrien und Jordanien mit umgerechnet 18,5 Millionen Euro zu unterstützen, als „großen Erfolg“ .

Nach Angaben von Guterres zeigten sich mehrere der mehr als 60 Teilnehmerländer in Genf bereit, die Flüchtlingshilfe zu unterstützen oder Flüchtlinge aufzunehmen. Der UNO zufolge sind bis zu acht Millionen Iraker „dringend“ auf ausländische Hilfen angewiesen. Vier Millionen – jeder achte Iraker – sind wegen der Gewalt auf der Flucht. Zwei Millionen davon sind Binnenvertriebene. Die meisten Flüchtlinge suchten in den Nachbarländern Zuflucht, vor allem in Syrien und Jordanien.

Der irakische Außenminister Hoschiar Sebari hatte am Dienstagabend verkündet, mit den 25 Millionen Dollar sollten die medizinische Versorgung und Ausbildung von Irakern in ihren Aufnahmeländern unterstützt werden. Seine Regierung wolle sehr eng mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) zusammenarbeiten. Deutschland hatte bereits am Montag angekündigt, 2,2 Millionen Euro für irakische Flüchtlinge und Binnenvertriebene zur Verfügung zu stellen. Jeweils 1 Million Euro sollen an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und das UNHCR gehen. Weiter hieß es, das Deutsche Rote Kreuz erhalte gut 200.000 Euro, um den irakischen Roten Halbmond unter anderem mit Erste-Hilfe-Paketen für die Versorgung von Schwerstverletzten auszustatten.

Frankreich will nach Diplomatenangaben etwa 1 Million Euro beisteuern. Die USA gaben an, das UNHCR bereits mit 18 Millionen Dollar für Irakflüchtlinge unterstützt zu haben. Zudem wollen die USA bis zu 25.000 irakische Flüchtlinge in diesem Jahr aufnehmen. Eine Vorgabe aus dem Weißen Haus sehe vor, dass 2007 insgesamt 70.000 Flüchtlinge aus aller Welt in den USA Zuflucht finden könnten, sagte die Abteilungsleiterin für Flüchtlingsfragen im US-Außenamt, Ellen Sauerbrey.