Nach Wahlfarce droht Wahlboykott in Nigeria

Regierung weist Oppositionsforderung nach Verschiebung der Präsidentschaftswahl zurück. Kämpfe mit Islamisten

BERLIN taz ■ Die Präsidentschaftswahl in Nigeria am kommenden Samstag findet möglicherweise ohne die Opposition statt. Nigerias Regierung lehnte gestern eine Forderung der Opposition ab, den Urnengang zu verschieben, um eine Wiederholung der massiven Unregelmäßigkeiten bei den Gouverneurswahlen vom letzten Samstag zu vermeiden. Nun ist es möglich, dass die Opposition ganz oder teilweise zum Boykott aufruft.

Gestern früh hatten 18 Oppositionsparteien gemeinsam die Annullierung der Gouverneurswahlen, die Überarbeitung des Wahlregisters und die Neuzusammensetzung der Wahlkommission Inec gefordert. Dazu müssten die Präsidentschaftswahlen auf unbestimmte Zeit verschoben werden, erklärten die in der „Granit-Koalition“ zusammengeschlossenen Regierungsgegner unter den Oppositionskandidaten Muhammadu Buhari und Atiku Abubakar nach einem Treffen in der Hauptstadt Abuja. Ansonsten könne man nicht an den Wahlen teilnehmen und werde die Bevölkerung zu „gewaltfreiem Protest“ aufrufen. „Nigerianer haben das Vertrauen in die Integrität dieser Regierung und ihre Fähigkeit, freie und faire Wahlen durchzuführen, verloren“, erklärten die Parteien. Vor einem offenen Boykottaufruf schreckte die Oppositionskoalition noch zurück. Der wichtigste Oppositionskandidat, Buhari, ist dagegen, weil er sich gute Chancen im islamischen Norden Nigerias ausrechnet. Zeitungsberichten zufolge warnte er davor, den Rahmen der Verfassung zu verlassen. Die Amtszeit von Staatschef Olusegun Obasanjo endet am 29. Mai; die Wahl des Nachfolgers muss spätestens einen Monat davor stattfinden. So ist höchstens eine Verschiebung des aktuellen Wahltermins 21. April um eine Woche denkbar; dies könnte ausreichen, um neue Wahlzettel zu drucken und zu verteilen, nachdem das Oberste Gericht am Montag den bisher von der Wahlkommission gesperrten Vizepräsidenten Atiku Abubakar doch noch als Kandidat zugelassen hatte.

Die Wahlkommission hat die Forderung nach Annullierung der Gouverneurswahlen bereits zurückgewiesen. Streit um die Wahlergebnisse müsse vor Gericht ausgetragen werden, erklärte Inec-Chef Maurice Iwu. In zahlreichen der 36 Bundesstaaten des Landes sind die proklamierten Wahlergebnisse auf allgemeines Erstaunen gestoßen, da die Zahlen offensichtliche Fantasieprodukte sind. Die regierende PDP (Demokratische Volkspartei) hat fast alle Bundesstaaten gewonnen. Nationale und internationale Wahlbeobachter haben scharfe Kritik am Wahlablauf geübt.

Unterdessen setzt sich die Gewalt im Zusammenhang mit den Wahlen fort, nachdem vor den Gouverneurswahlen bereits rund 80 Menschen getötet worden waren, am Wahltag etwa 50 und danach mehrere Dutzend. In Kano, der größten Stadt des muslimischen Nordens, eröffnete die Armee gestern eine Großoffensive mit schwerer Artillerie gegen das Stadtviertel Panshekara, in dem militante Islamisten vermutet werden. Am Dienstag hatte ein bewaffneter Angriff auf eine Polizeistation dort zwischen 13 und 30 Tote gefordert.

DOMINIC JOHNSON