Ruhelos in Texas

Die Dallas Mavericks und die Phoenix Suns gehen als Favoriten in die Playoffs der Basketball-Liga NBA. Dirk Nowitzki und seine Kollegen wollen beweisen, dass sie auch in großen Spielen die Nerven behalten können

NEW YORK taz ■ Dirk Nowitzki hat derzeit allen Grund, ruhig zu schlafen. Er gilt als bester Spieler der NBA, seine Mavericks waren mit Abstand das stärkste Team der regulären Saison und sind für die Finalrunde um die Meisterschaft, die am Samstag beginnt, favorisiert. Dennoch findet Nowitzki keine Ruhe.

So wie in jener Nacht Mitte März nach dem Spiel gegen Phoenix, das Dallas in der zweiten Verlängerung mit 129:127 verlor. Bis drei Uhr lag Nowitzki danach wach und zappte von einer Fernsehserie zur nächsten. Eigentlich hatte er sich nach einer 30-Punkte-Vorstellung wenig vorzuwerfen. Dennoch konnte er nicht aufhören zu grübeln: Darüber, ob er nicht vielleicht den einen oder anderen Rebound noch hätte holen können, darüber, warum er in der Nachspielzeit zwei Freiwürfe verschoss. Vor allem grübelte er darüber, warum Dallas trotz aller Dominanz der Liga große Spiele wie das gegen die Phoenix Suns verliert. So, wie bei der Finalniederlage gegen Miami letztes Jahr.

Vermutlich werden die Suns und die Mavericks im Halbfinale aufeinander treffen, dem Endspiel um den Titel in der Western Conference. Wer diese Partie gewinnt, darüber sind sich die Experten einig, wird mit ziemlicher Sicherheit auch die Meisterschaft gewinnen. Das Spiel gegen den Champion des Ostens dürfte nur noch Formsache sein. Das beste Team des Ostens, die Detroit Pistons, haben in diesem Jahr nicht annähernd das Format der Suns oder der Mavericks. Vorjahreschampion Miami spielt schon das ganze Jahr lang unter Par.

Das Duell Dallas gegen Phoenix wird zugleich das Duell der derzeit besten Spieler der NBA sein: Nowitzki und sein früherer Mannschaftskamerad Steve Nash. Niemandem außer Nash und Nowitzki wird zugetraut, in der kommenden Woche als bester Spieler der Saison gekürt zu werden. Die beiden interessieren sich jedoch nur wenig dafür, als Einzelspieler herausgehoben zu werden: „Meiner Mutter würde das mehr bedeuten als mir selbst“, sagt Nowitzki trocken. „Ich will nur eines, eine Meisterschaft gewinnen.“ Steve Nash, der schon zweimal hintereinander MVP war, sieht das ähnlich. „Mir ist es peinlich, wenn die Leute mich hervorheben und über mich reden.“

NBA-Champion kann allerdings nur einer der beiden Freunde werden. Und wenn der 127:129-Krimi im März ein Indikator war, dann haben Nash und seine Suns einen leichten Vorteil. Im entscheidenden Augenblick, das wissen die Mavericks jedoch nur allzu gut, zählt das jedoch alles nicht mehr, da zählen vor allem die Nerven und die Konzentration. Dirk Nowitzki kann diesen Augenblick kaum erwarten, zu beweisen, dass er allen Unkenrufen zum Trotz diesem Augenblick gewachsen ist: „Ich habe keine Angst vor dieser Situation. Ich sehne sie sogar herbei.“ Lange muss er nicht mehr darauf warten. SEBASTIAN MOLL