Gemurre bei Volkswagen über Machtfülle von Piëch

Aktionärs- und Umweltschützer kritisieren Corporate Governance wegen Interessenkonflikten und Spritfresserautos

BERLIN taz/ap ■ Freunde hat Ferdinand Piëch im Hause Volkswagen kaum noch. Trotzdem konnte sich der Aufsichtsratschef bei der Hauptversammlung von Europas größtem Autohersteller gestern in Hamburg entspannt zur Wiederwahl stellen. Die beiden größten VW-Aktionäre sind das Piëch-Familienunternehmen Porsche und das Land Niedersachsen, das seine Unterstützung bereits angekündigt hatte. Die Abstimmung fand nach Redaktionsschluss statt, ein Ja zu Piëch galt aber als sicher.

Vielen der angereisten Aktionäre gefiel es gar nicht, einen Aufsichtsratschef dulden zu müssen, der persönlich so tief in das Unternehmen verstrickt ist. Porsche hatte seinen VW-Anteil erst zuletzt auf über 30 Prozent aufgestockt und allen anderen Aktionären ein – allerdings unattraktives – Pflichtangebot unterbreitet. Der britische Pensionsfonds Hermes forderte Piëch auf zurückzutreten. Es gebe „unüberbrückbare Interessenkonflikte“, sagte auch der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Ulrich Hocker. Die Verflechtung widerspreche den von VW unterzeichneten Grundsätzen von Corporate Governance, also guter Unternehmensführung. Hocker kritisierte auch, wie sich der Aufsichtsratschef letztes Jahr seines Gegenspielers, des damaligen Vorstandschefs Bernd Pischetsrieder, entledigt hatte. Dieser hatte erst einen neuen Fünfjahresvertrag erhalten und war dann geschasst worden.

Einen ganz anderen Aspekt von schlechter Corporate Governance thematisierte der Umweltverband BUND, der den Konzern als „Klima-Ignoranten“ anprangerte. Die Modellpalette sei von „Spritfressern“ wie Phaeton und Touareg geprägt. „Entgegen der Selbstverpflichtung der Automobilindustrie zur Senkung der Emissionen ist der CO2-Ausstoß neuer Volkswagen zwischen 2001 und 2006 durchschnittlich um 6 Gramm gestiegen“, sagte BUND-Verkehrsexperte Werner Reh. Damit vernachlässige die „VW-Führung den Mobilitätsmarkt der Zukunft“. Zum Corporate-Governance-Kodex gehört auch die „Vermeidung unangemessener Risiken“. BW