Keine Absage an Monster-Trucks

Verkehrsminister wollen Zulassung von „Gigalinern“ auf deutschen Straßen weiter prüfen. Kritik von Verbänden

HANNOVER taz/ap ■ Ungeachtet vielfacher Proteste droht weiter eine Zulassung von Riesen-Lkws auf deutschen Straßen. Die Konferenz der Verkehrsminister der Länder setzte gestern in Wernigerode zum Thema „Gigaliner“ eine Arbeitsgruppe ein, die bis zum Herbst einen Beschlussvorschlag zu den überlangen Trucks erarbeiten sollen. Die umstrittenen Modellversuche mit den Gigalinern in drei Bundesländern, die der Bundesverkehrsminister zunächst als rechtswidrig eingestuft hatte, dürfen damit weiterlaufen.

Die Länder konstatierten, dass die Datenbasis für eine allgemeine Zulassung der Gigaliner noch nicht ausreichend sei, schlossen eine Zulassung aber auch nicht mehr aus. Nach dem Konferenzbeschluss soll die Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Bundes die Auswirkungen der Riesen-Lkws auf Verkehrsinfrastruktur und -sicherheit und auf den Bahn-Güterverkehr weiter prüfen.

Der Deutsche Naturschutzring (DNR), der Verkehrsclub Deutschland (VCD), die Allianz pro Schiene, der Deutsche Städtetag und auch der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen hatten vor dem Konferenzbeschluss vergeblich an die Verkehrsminister appelliert, ein klares Signal gegen die Gigaliner zu setzen. Die Allianz pro Schiene und die Binnenhäfen warnten vor weiteren Verlagerungen von Gütertransporten durch die neuen Groß-Lkws auf die Straße. DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen nannte die Behauptung, die Gigaliner würden die Umwelt entlasten, absurd. Lkw-Verkehr produziere pro transportierter Tonne Ladung vier Mal so viel CO2 wie der Schienenverkehr. Weitere Verlagerungen von Transporten auf die Straße würden daher die Umweltbilanz des deutschen Güterverkehrs deutlich verschlechtern. Der VCD rechnet damit, dass bei einer allgemeinen Einführung der 60 Tonnen schweren und über 25 Meter langen Gigaliner etwa 30 Prozent der heutigen Bahnfracht auf die Straße abwandert. Das führe zu einem jährlichen Mehrausstoß an CO2 von etwa 3,4 Millionen Tonnen, sagte VCD-Verkehrsexpertin Heidi Tischmann. Das laufe allen Klimaschutzbestrebungen zuwider.

Weiteres Thema der Tagung war die geplante Bahn-Privatisierung. Hier wiesen die Landesminister den Gesetzentwurf der Bundesregierung als unzureichend zurück. Bislang fühlten sich die Länder unzureichend in die Privatisierung der Deutschen Bahn AG einbezogen, hieß es im gemeinsamen Beschluss. Künftig wird eine Arbeitsgruppe mit fünf Landesministern den Börsengang begleiten, wie Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre mitteilte: Das Hauptaugenmerk richten die Politiker dabei vor allem darauf, dass auch in Zukunft der Nahverkehr nicht zu kurz kommt. „Der Verkehr auf der Schiene soll mindestens konstant bleiben“, erklärte Daehre. JÜRGEN VOGES