„Willkommen in der Eintracht-Familie“

UNTERGANG Eintracht Frankfurt tritt nach einer unfassbar schlechten Rückrunde den Gang in die Zweite Liga an, was Abstiegstrainer Christoph Daum nicht davon abhält, um einen neuen Vertrag zu buhlen

DORTMUND taz | Als die erste Wut über den Abstieg verflogen war, da sorgte ein Fan für die letzte bizarre Pointe des Frankfurter Absturzes. Der korpulente Mann überreichte dem ganz und gar erfolglosen Frankfurter Trainer ein T-Shirt mit der Aufschrift „Herzlich Willkommen in der Eintracht-Familie. Danke Christoph Daum.“ Daum nahm es mit einem gequälten Lächeln entgegen, wahrscheinlich ahnte er, dass das Präsent zu spät kam. Denn ein paar Stockwerke tiefer hatte Heribert Bruchhagen – zumindest zwischen den Zeilen – bereits die Trennung von Daum bekannt gegeben. „Die erste Entscheidung, die fällt, wird sein, wer der neue Trainer wird“, hatte der Vorstandschef verkündet.

Unten, in der Mixed Zone, waren die Männer sich begegnet, der Trainer suchte Augenkontakt, der Klubchef ignorierte seinen Angestellten einfach. Doch Daum kämpft um seine Chance, er will gerne weiterarbeiten. „Ich bin für alles offen“, meinte der 57-Jährige, und umschmeichelte Bruchhagen, der selbst heftig in der Kritik steht. Am heutigen Montag tagt der Aufsichtsrat und wahrscheinlich wird das Kontrollgremium Bruchhagens Kompetenzen beschneiden. Der 63-Jährige bleibt zwar Chef des Vorstandes, soll künftig aber von einem Sportdirektor unterstützt werden. Die Wochen in Frankfurt haben deutlich gezeigt, dass Daum keine Spitzenkraft mehr ist. Seine Ansprache hat ihre Zauberkraft verloren, mitunter erscheinen die Phrasen Daums wie Bruchstücke eines 90er-Jahre-Rückblicks. Im Kontrast zu den jungen Erfolgstrainern wirkt er wie ein sehr alter Mann, möglicherweise hat Christoph Daum sich am Samstag für immer aus der Bundesliga verabschiedet.

Er habe zwar „alles versucht“, doch die gewünschten Ergebnisse seien einfach ausgeblieben, meinte er ratlos. Kein einziges seiner sieben Spiele konnte der Trainer gewinnen. Der BVB spielte nicht mit voller Kraft, mehrfach sparten sich gleich drei, vier Spieler ihre Rückwege in die Defensive, dabei ging Frankfurt sogar in Führung (Rode, 46.). Doch nach einer Stunde brach die Mannschaft einfach zusammen. Barrios (68.; 90.) und Russ per Eigentor (73.) trafen für den BVB.

Die Eintracht hat im Jahr 2011 nur den FC St. Pauli, den anderen Absteiger, geschlagen, sieben magere Törchen haben die Hessen in der Rückrunde erzielt, das sind die vordergründigen Merkmale dieses völlig verdienten Absturzes. Dahinter steht eine falsche Bewertung der mit 26 Punkten erstaunlich erfolgreichen Hinserie. Im Winter galt der Klassenerhalt als gesichert, die Eintracht schielte als Tabellensiebter auf die Europapokalplätze, obwohl auch damals schon vieles schieflief. Diese These stützte jedenfalls der Stürmer Ioannis Amanatidis. „Die Vorrunde ist gegen alle Gesetze gegangen“, meinte der Grieche, es funktionierte nur, weil jeder Schuss von Theofanis Gekas im Tor landete. „Die Leistung im Training unter der Woche und die Ergebnisse am Wochenende haben nicht zusammengepasst. Aber in guten Phasen wollte das keiner hören.“

DANIEL THEWELEIT