Einladung für Spekulanten

EURO FDP spricht sich für eine deutsche Beteiligung am Euro-Rettungsschirm aus, doch die Euro-Skeptiker von neoliberal bis links dominieren die Debatte

AUS ROSTOCK STEFAN REINECKE

Dieser Parteitagsantrag hatte es in sich: Der Finanzpolitiker Frank Schäffler, ein Neoliberaler, und der Altlinksliberale Burkhard Hirsch fordern darin ein Nein der FDP zum Euro-Rettungsschirm (ESM). Käme es dazu, Schwarz-Gelb wäre in der Krise. Am Ende bekommt der Antrag von Schäffler und Hirsch 173 Stimmen, 349 votieren dagegen für den Leitantrag des Bundesvorstands. Dem vorausgegangen war jedoch die einzig interessante inhaltliche Kontorverse des Parteitages – zum Verhältnis Markt gegen Staat, Staatsräson gegen EU und Ordnungspolitik gegen Realpolitik.

Schäffler und Hirsch kritisieren, dass der Euro-Rettungsschirm, in den Deutschland 22 Milliarden Euro einzahlt und der zudem 190 Milliarden Euro an Bürgschaften abverlangt, private Gläubiger zu wenig beteilige. Der Schirm eröffne Spekulanten „ein Geschäftsmodell“, kritisierte Schäffler. Sie könnten sich bei der Europäischen Zentralbank billig Geld leihen, dafür griechische Staatsanleihen kaufen und so mehr als 10 Prozent Zinsen kassieren. Die Athener Anleihen seien schließlich dank Rettungsschirm sicher. Außerdem bleibe Athen ohne Schuldenschnitt im Teufelskreis von Schulden, Sparen und noch mehr Schulden gefangen. Deshalb solle Athen raus aus dem Euro.

Burkhard Hirsch argumentierte stärker politisch: Er fordert für die EU eine gemeinsame Sozial- und Wirtschaftspolitik – eine Idee, die für Neoliberale eigentlich ein Graus ist. Der Rettungsschirm mache den Steuerzahler „zum Ausfallzahler für Casinogeschäfte“, beklagte Hirsch. Diese Kritik, in erstaunlichem Gleichklang von Neo- und Linksliberalen formuliert, ist mehr als eine Randnotiz. Laut Schäffler gebe es mehr als zwanzig Skeptiker in den Fraktionen von Union und FDP. Wenn der Bundestag über den Rettungsschirm abstimmt, könnte Merkel auf die Stimmen der Opposition angewiesen sein. Laut Fraktionsspitzen von Union und FDP ist Merkels eigene Mehrheit jedoch nicht in Gefahr.

Den Rettungsschirm verteidigten Guido Westerwelle und der Europa-Politiker Alexander von Lambsdorff. Ihr Argument: Wenn Deutschland sich der Euro-Rettung verweigere, sei die EU in Gefahr. Westerwelle betonte, dass der Schirm kein Automatismus sei, er greife nur, wenn der Euro als Ganzes in Gefahr sei, nicht bei allen dramatischen Haushaltsschieflagen. Zudem haben Berlin und der Bundestag ein Vetorecht. Die Idee von Finanzminister Schäuble, den Schirm am Parlament vorbei zu beschließen, sei vom Tisch.

Ohne Euro-Rettungsschirm, warnte der Außenminister, drohe eine Rezession, die die Finanzkrise in den Schatten stellen werde. Nüchterner argumentierte Lambsdorff. Er nahm die Kritiker zwar gegen Vorwürfe in Schutz, deutschnational zu sein, doch ein deutsches Nein nutze den EU-Gegner von Wilders bis Le Pen. Zudem profitiere die deutsche Wirtschaft enorm von den dank Euro niedrigen Zinsen. Die Mehrheit für den Euro-Rettungsschirm war am Ende deutlich, aber sie ist eher realpolitischen Zwängen als Überzeugung geschuldet.