Aus für Seestadt-Patrioten

Anders als 2003 darf die Bremerhavener Wähler-Initiative B.H.V. diesmal nicht für die Bürgerschaft kandidieren – weil sie, wie damals, nur Bremerhavener aufnimmt. Folglich war entweder die vergangene Wahl falsch oder die am 13. Mai wird es sein

VON ARMIN SIMON

Der 16. März war kein guter Tag für Karl-Heinz Hoffmeyer und, wie er meint, auch kein guter Tag für Bremerhaven: Der Landeswahlausschuss entschied, dass die „Unabhängige Wählervereinigung B.remerH.aV.en“ (B.H.V.), deren Vorsitzender Hoffmeyer ist, nicht für die Bürgerschaft kandidieren darf.

Hoffmeyer sieht darin einen „weiteren Beweis für die Ausgrenzung Bremerhavener Bürger“. Der Landeswahlausschuss argumentiert genau umgekehrt. Eine Zulassung der B.H.V. zur Bürgerschaftswahl berge die Gefahr einer Ausgrenzung der stadtbremischen BürgerInnen – und widerspreche daher demokratischen Grundsätzen.

Stein des Anstoßes ist ein Paragraf in der Satzung der Anfang 2003 gegründeten Wählervereinigung. „Ordentliches Mitglied“, heißt es dort, könne werden, wer seinen „ersten Wohnsitz in Bremerhaven“ habe – versteht sich B.H.V. doch als „Interessenvertretung für die BürgerInnen Bremerhavens“. Auch in der Bremischen Bürgerschaft: „Wir wollen keine Fremdbestimmung durch eine Bremer Mehrheit, die die Interessen unserer Stadt ignoriert und bei denen sich die Bremerhavener Vertreter der Altparteien nicht durchsetzen können oder wollen.“

Das Bremer Wahlrecht kommt derlei lokalpatriotischem Ansinnen zunächst entgegen. Aus historischer Tradition wird im Zwei-Städte-Staat in zwei getrennten Wahlbereichen gewählt: in Bremen und in Bremerhaven. Von den 83 Sitzen in der Bürgerschaft sind am 13. Mai genau 15 für Abgeordnete aus der Seestadt reserviert. Auch die 5-Prozent-Hürde wird in jedem der beiden Wahlbereiche getrennt angewendet. Konsequenterweise sind Parteien und Wählervereinigungen auch nicht verpflichtet, in beiden zugleich anzutreten: Nur sieben von 13 kandidieren in Bremen und in Bremerhaven.

Die Zulassung zur Wahl indes wird landesweit erteilt. Zumindest theoretisch also, so der Gedankengang des Landeswahlausschusses, hätte die Bremerhavener Wählerinitiative, die nur BremerhavenerInnen aufnimmt, auch in Bremen KandidatInnen aufstellen können. Und die wiederum hätten, zumindest theoretisch, mit Stimmen von Bremer WählerInnen auch für Bremen reservierte Sitze in der Bürgerschaft erringen können. Damit aber, drückt Wahlamts-Mitarbeiter Eberhard Grada es aus, schlösse man „für einen Teil der Bevölkerung“, den stadtbremischen, die Möglichkeit aus, „die Politik aktiv mitzubestimmen“.

Hoffmeyer hält das für eine vorgeschobene Argumentation. Er verweist auf die Bürgerschaftswahl 2003, zu der B.H.V. anstandslos zugelassen wurde. Weder die Satzung noch das Bremer Wahlrecht ist heute ein anderes. B.H.V. trat damals nur in Bremerhaven an und errang dort 789 Stimmen: 1,7 Prozent.

Man habe den Sachverhalt vor vier Jahren eben „anders gesehen“, sagt Grada dazu. Hätte man B.H.V. erneut zugelassen, hätte „jeder Bremer die Wahl anfechten können“, warnt er. So wird es wohl genau andersherum sein: Die Bremerhavener WählerInnen werden die Wahl anfechten können. Hoffmeyer hält sich diese Option ausdrücklich offen – insbesondere für den Fall, dass seine Vereinigung bei der zeitgleichen Wahl zur Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung nahe an oder über die Fünf-Prozent-Schwelle kommt. Ein ähnliches Ergebnis bei der Bürgerschaftswahl postuliert, hätte B.H.V. dann vielleicht gar einen Platz in der Bürgerschaft erringen können. Die umstrittene Entscheidung des Landeswahlausschusses wäre damit „mandatsrelevant“ – und könnte, sollte der Staatsgerichtshof sie nachträglich verwerfen, ein Grund für Neuwahlen sein.

Eine Satzungsänderung, die auch BremerInnen als Mitglieder zuließe, schließt Hoffmeyer aus. Bis zu einer „grundsätzlichen“ Klärung der strittigen Zulassungsfrage empfiehlt er daher, den Stimmzettel mit „B.H.V.“ zu kennzeichnen – und damit ungültig zu machen.