DAS IRAKISCHE FLÜCHTLINGSDRAMA ZWINGT DIE EUROPÄER ZUM HANDELN
: Wer die Folgen des Krieges trägt

Das Verursacherprinzip besagt, dass derjenige die Kosten für die Folgen seines Verhaltens tragen sollte, der sie auch verursacht hat. Meist wird dieser Grundsatz auf Fragen des Umweltschutzes angewendet. Dabei klingt er auch für die Außenpolitik recht einleuchtend, wenngleich er auf internationalem Parkett selten Anwendung findet.

Die anhaltenden Flüchtlingsströme aus dem Irak sind ein gutes Beispiel dafür. Inzwischen sind vier Millionen Iraker vor den Bürgerkriegswirren in ihrer Heimat ins Ausland geflohen. Als direkte Nachbarländer sind davon vor allem Syrien, Jordanien und der Iran betroffen – genau jene Staaten also, die vor vier Jahren vehement vor einem Irakkrieg gewarnt haben, müssen heute die schwersten Folgelasten dieses Krieges tragen. Dabei wurden sie von der internationalen Gemeinschaft bisher fast völlig im Stich gelassen. Und das, obwohl diese Lasten für sie fast nicht mehr zu tragen sind.

Syrien etwa hat bisher über eine Million irakischer Flüchtlinge aufgenommen: Das sind mehr als fünf Prozent seiner eigenen Bevölkerungszahl. Auf Deutschland umgerechnet wären das fast vier Millionen Menschen. Und dabei herrscht in Syrien auch noch eine Arbeitslosenquote von 18 Prozent.

Doch so wie Washington bisher leugnet, dass im Irak ein Bürgerkrieg herrscht, so wenig ist die Bush-Regierung bereit, zuzugeben, dass der irakische Massenexodus mittlerweile geradezu biblische Ausmaße angenommen hat. Obwohl er eine direkte Folge des von den USA geführten Irakkriegs ist, stiehlt sich Washington aus seiner Verantwortung. Lediglich 7.000 irakische Flüchtlinge sind die USA bereit aufzunehmen. Zum Vergleich: 700.000 Iraker, also einhundertmal so viel, haben alleine in Jordanien Zuflucht gefunden.

Das irakische Flüchtlingsdrama zwingt auch Europa zum Handeln. Doch egal, wie viele Flüchtlinge die europäischen Innenminister letztlich aufzunehmen beschließen: Wichtiger ist schnelle Hilfe für die Flüchtlinge in den Nachbarländern des Iraks. Ihnen muss finanziell unter die Arme gegriffen werden. Natürlich sollte auch Europa seine Flüchtlingsquoten erhöhen. Fragt sich nur, wann die USA als Verursacher endlich ihrer Verantwortung gerecht werden. KARIM EL-GAWHARY