Drei Männer und eine Machtfrage

WOWEREIT-NACHFOLGE Die SPD-Basis darf zurzeit den künftigen Wowi küren. Die drei Bewerber um den Bürgermeister-Posten üben sich im Schlagabtausch. Vor scharfen Attacken schrecken sie zurück

BERLIN taz | Ein solches Treffen gab es im Willy-Brandt-Haus schon einmal: Im Innenhof der Zentrale der Bundes-SPD klärten Sigmar Gabriel, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier vor zwei Jahren auf, wer von ihnen Kanzlerkandidat wird. Als am späten Dienstagabend dort drei Berliner Landespolitiker stehen, geht es zwar wieder um Macht, aber dieses Mal entscheiden nicht die Funktionäre.

Rund 700 SPDler sind zu diesem ersten Mitgliederforum gekommen: Sie und weitere 16.500 Berliner Parteimitglieder können per Briefwahl festlegen, wer von den dreien Nachfolger des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit werden soll. Wowereit, seit Juni 2001 im Amt, hatte vor vier Wochen verkündet, dass er am 11. Dezember zurücktreten will.

Binnen weniger Stunden erklärten Raed Saleh, der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, dem Landesparlament, und der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß ihre Kandidatur. Drei Tage später folgte Stadtentwicklungssenator Michael Müller, der lange als Wowereits Kronprinz galt.

Der Landesvorstand legte sofort fest, dass nicht ein Parteitag, sondern allen Mitglieder den Nachfolger benennen sollen, der dann im Parlament gewählt würde. Am 18. Oktober wird die Briefwahl ausgezählt, notfalls gibt es danach eine Stichwahl. Drei weitere Mitgliederforen stehen bis dahin noch an.

Zehn Minuten darf sich jeder der drei vorstellen, und schon dabei wird das zentrale Problem deutlich: Die inhaltlichen Unterschiede sind so klein, dass sich die Kandidaten gegenseitig beklatschen müssen. Müller, mit fast 50 der älteste der drei, wirbt mit seiner Erfahrung in Regierung, Fraktion und Partei, Saleh, 37, setzt auf seine Aufstiegsgeschichte vom palästinensischen Einwandererkind zum Unternehmer und Fraktionschef.

Stöß hat den schwierigsten Part: Er kann nicht anders als den in der SPD noch immer äußerst populären Wowereit zu loben und muss sich doch abgrenzen von dessen langjährigem Weggefährten Müller. Besser verwalten will er Berlin, noch mehr Wohnungen bauen als Müller. Grundsätzliche Unterschiede sind das nicht.

Eineinhalb Stunden dürfen schließlich die Mitglieder die Kandidaten löchern. Besser: sie dürften – doch die Fragen fallen zahm aus. Vielleicht ist die Warnung Wowereits jüngst beim Sommerfest der Berliner SPD noch zu präsent: Die drei sollten pfleglich miteinander umgehen – sonst könne er auch vom Rücktritt zurücktreten. STEFAN ALBERTI