Gericht bestätigt Amtsenthebung

Rumänisches Verfassungsgericht erklärt die Entscheidung des Parlaments, Staatschef Basescu von seinem Amt zu suspendieren, für rechtens. Neuwahlen wahrscheinlich

Trotz Vorbehalten wurde das Land Anfang 2007 Mitglied der Europäischen Union

BERLIN taz ■ In drei Monaten könnte es in Rumänien vorgezogene Präsidentschaftswahlen geben. Am Donnerstag hatte das rumänische Parlament Staatspräsident Traian Basescu mit 322 zu 108 Stimmen von seinem Amt suspendiert. Das Verfassungsgericht bestätigte gestern diese Entscheidung. Basescus noch am Dienstag gemachtes Versprechen, innerhalb von 5 Minuten freiwillig zurückzutreten, falls das Parlament seine Amtsenthebung beschließen sollte, hatte er nicht eingehalten. Vor einer Gruppe seiner Anhänger, die im Zentrum von Bukarest eine spontane Sympathiedemonstration organisiert hatten, erklärte Basescu am Donnerstagabend, er werde „das rumänische Volk nicht im Stich lassen“. Gleichzeitig kündigte er an, bei vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wieder antreten zu wollen.

Nach der Parlamentsabstimmung forderte Premier Calin Popescu Tariceanu seine Mitbürger auf, Ruhe zu bewahren. Die Ankündigung des geschassten Präsidenten, erneut ein Mandat anzustreben, bezeichnete Tariceanu als unmoralisch.

Mit der Amtsenthebung des Staatschefs endet vorläufig ein seit Ende 2004 brodelnder Konflikt, der die vorwiegend aus Nationalliberalen (PNL) und Demokraten (PD) gebildete Regierungskoalition lähmte. Der Kompetenzstreit zwischen dem demokratischen Präsidenten Basescu und dem liberalen Premier Tariceanu sorgte für Verwirrung und stellte die politische Stabilität des Landes immer wieder infrage. Trotz Vorbehalten wurde das Land Anfang 2007 Mitglied der Europäischen Union.

Der häufig nur als persönlicher Streit zwischen den beiden Machtträgern beschriebene Kampf führte vor rund zwei Wochen zum Bruch der Koalition und zur Verschärfung der Staatskrise. Nach dem Ausscheiden der Demokratischen Partei aus der Koalition bildete Tariceanu eine Minderheitsregierung aus Liberalen und dem Verband der ungarischen Minderheit, die im Parlament von den postkommunistischen Sozialdemokraten (PSD) toleriert wird.

Eine parlamentarische Untersuchungskommission sammelte inzwischen Belege für Verstöße des Präsidenten gegen das Grundgesetz. Diese wurden jedoch vom Verfassungsgericht als geringfügig zurückgewiesen. Die oppositionellen Sozialdemokraten behaupteten aufgrund vertraulicher Schriftstücke, Basescu habe das Verfassungsgericht erpresst und sich auf diese Weise ein Unschuldsattest gesichert.

Der als rücksichtsloser Populist bekannte Basescu wies die Anschuldigungen zurück. Gleichzeitig traf er bereits Vorkehrungen für die Zeit nach seiner Absetzung und versuchte sich als Opfer einer Verschwörung von Oligarchen und korrupten Regierungspolitikern in Szene zu setzen. In einer gestern veröffentlichten Erklärung der Nichtregierungsorganisation Pro Democratia wird die Amtsenthebung des Präsidenten zu Recht als ein Rückschlag für die junge rumänische Demokratie gewertet. Die Parlamentsentscheidung wird zudem als Ergebnis einer seit der Wende von 1989 „falschen postkommunistischen Politik“ bezeichnet. Zugleich warnt die Organisation vor dem Risiko „einer zunehmenden Polarisierung der rumänischen Gesellschaft“.

Die sozialdemokratische Opposition hingegen, die das Amtsenthebungsverfahren eigentlich angestoßen hatte, sieht in der Absetzung des Präsidenten das Ende „eines gescheiterten politischen Projekts“. Der sozialdemokratische Senatsvorsitzende Nicolae Vacaroiu übernimmt nun interimistisch die Staatsführung. WILLIAM TOTOK