Wege aus der Erstarrung
: KOMMENTAR VON RUDOLF WALTHER

Wie auch immer die Wahl in Frankreich ausgeht: Die drei aussichtsreichsten französischen Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozy, Ségolène Royal und François Bayrou haben bereits erklärt, im Falle eines Wahlsieges zuerst Berlin zu besuchen. Die Gründe dafür nannten sie nicht. Angela Merkels Hoffnung darauf, danach den Verfassungsvertrag wieder auf die Agenda setzen zu können, dürfte sich aber wohl nicht erfüllen.

Denn wie auch immer die Wahlen ausgehen – ohne einen gründlichen Umbau der Fünften Republik kann es in Frankreich weder innen- noch europapolitisch vorangehen. Das quasimonarchische Präsidialsystem hat sich überlebt, Frankreich ist erstarrt. Die ohnehin schwachen Parteien sind eine Quantité négligeable. Und die Nationalversammlung ist eine fast überflüssige Institution, in der die jeweils regierende Mehrheit sklavisch abnickt, was Regierung und Präsident vorschlagen.

Bayrou war der einzige Kandidat, der Vorschläge gemacht hat, die auf eine Koalitionsregierung von Konservativen und Zentristen hinausläuft. Aber kein Mensch weiß, wer hinter Bayrou steht – eine richtige Partei jedenfalls nicht. Seine Wahlchancen sind nur gestiegen, weil viele Wählerinnen und Wähler mit den Kandidaten der Konservativen und der Sozialisten unzufrieden sind.

Es ist typisch für den Wahlkampf, dass der etwas wolkige Vorschlag Bayrous, die Fünfte Republik Schritt für Schritt von einer präsidialen in eine parlamentarische Republik zu verwandeln, kaum diskutiert wurde. Ségolène Royal hat sich mit ihrem Konter gegen Bayrou eher blamiert. Die Unzufriedenheit über das Präsidialsystem spürend, kündigte sie an, das Budget des Präsidenten zu halbieren. Es ist von 1995 bis 2006 um 798 Prozent gestiegen. Dabei unterliegt es weder der Beratung durch die Nationalversammlung noch der Überprüfung durch den Rechnungshof. Außerdem möchte sie den „Lebensstandard im Élyséepalast“ senken – also weniger ausgeben für Repräsentation und Selbstdarstellung: „Ich werde täglich alles erläutern für einen bürgernahen, unparteiischen und durchsichtigen Staat, der beispielsetzend agiert.“

Ob das Frau Merkel interessiert?