Hertha verpatzt Heines Heimpremiere

Der Aufschwung nach dem Trainerwechsel hält nicht lange an: Im zweiten Bundesligaspiel unter Interimscoach Karsten Heine verlieren die Berliner zu Hause gegen Dortmund mit 0:1. Das Team schafft es weiterhin kaum, sich Chancen zu erspielen

VON JOHANNES KOPP

Der Zauber des Anfangs lag am Samstagnachmittag kurz vor halb vier über dem Olympiastadion. Karsten Heine feierte gegen Borussia Dortmund Heimpremiere als Hertha-Chefcoach. An dem Ort, wo vor zwei Wochen noch Angst, Zwietracht und Unzufriedenheit herrschten, wo über die vergiftete Atmosphäre zwischen Teilen des Teams und Extrainer Falko Götz gesprochen wurde, war eine neue Hertha-Harmonie entstanden.

Obwohl die Berliner hier aus den letzten vier Spielen nur einen Punkt errangen, strömten über 64.000 Zuschauer erwartungsfroh ins Stadion. Die Stimmung war prächtig. Alle hatten sich wieder lieb. Und die Hertha-Stürmer Marko Pantelic und Christian Gimenez umarmten sich vor Spielbeginn am Anstoßkreis so inniglich, als wären sie vom Mannschaftsrat zu Botschaftern der neuen Eintracht gewählt worden.

Bei Hertha und dem Publikum war man guten Mutes, das ewig lange Kapitel des Misserfolgs mit dem ersten Sieg unter Heine vor neun Tagen in Bochum beendet zu haben. Doch mit der 0:1-(0:0)-Niederlage gegen Dortmund wurde die Pleitenstory fortgeschrieben. Der Abstand zu den Abstiegsrängen beträgt wieder nur fünf Punkte. Im Rückblick erscheint der Erfolg im Ruhrgebiet nur eine Zwischenepisode gewesen zu sein.

Jedenfalls sah man im Spiel gegen Dortmund die altbekannten Hertha-Probleme. In der ersten Halbzeit dominierten zwar die Berliner ihren überängstlichen Gegner, doch wie Heine selbstkritisch anmerkte: „Es fehlte schon da an Tempo und Aggressivität nach vorne.“ Hertha tut sich schwer, Chancen zu erspielen. Der Borussen-Torhüter Roman Weidenfeller erlebte deshalb einen beschaulichen Nachmittag. In der ersten Halbzeit donnerte der Ball einmal nach einem Freistoß von Ashkan Dejagah an die Latte, ein anderes Mal setzte ihn Yildiray Bastürk knapp neben den Pfosten. Mehr passierte nicht vor dem Borussen-Tor.

Nachdem die Dortmunder in der 50. Minute nach einem Eckball durch einen Kopfballtreffer von Markus Brzenska in Führung gegangen waren, konnten die Berliner nichts mehr entgegensetzen. Erst ließen sie sich so weit nach hinten drängen, als ob sie in der Pause eine Kapitulationserklärung unterzeichnet hätten, dann schwärmten sie derart hektisch nach vorne aus, dass sich den Dortmundern einige Kontermöglichkeiten boten.

Die Nöte sind groß bei Hertha – am größten ist dabei die Erklärungsnot. Heine gestand, er sei ein wenig überrascht, „dass wir den Schwung aus Bochum nicht mitnehmen konnten“. Und Manager Dieter Hoeneß sagte: „Da ist irgendeine Hemmung drin. Ich weiß auch nicht, was ausschlaggebend war.“

Die Lage ist verzwickt. Mit dem Hertha-Triumph in Bochum schien Heines Vorgänger Falko Götz endgültig als Sündenbock der Berliner Misere überführt worden zu sein. Nun ist es offensichtlich, dass die Probleme auch mannschaftsinterner Natur sind. Bei der Kaderzusammensetzung sind dem finanzschwachen Verein jedoch die Hände gebunden. Für die nächste Saison hat man im Etat den Posten Transferausgaben mit 0 Euro veranschlagt. Veränderungen wird es also kaum geben.