Heuschrecken vor Oldenburg

Vor der Hauptversammlung des Fotodienstleisters Cewe Color spitzt sich der Streit mit aggressiven US-amerikanischen Investoren zu. Die Hegdefonds wollen die Köpfe des Aufsichtsrats rollen sehen und dem Vorstand die Entlastung verweigern

Der Foto-Dienstleister Cewe Color ist nach eigenen Angaben mit rund 3.000 Mitarbeitern in 23 Ländern Europas größter „Foto-Finisher“. Im vergangenen Jahr lieferte er rund 2,9 Milliarden Farbbilder an 60.000 Handelskunden. Der Umsatz betrug 2006 rund 400 Millionen Euro, sieben Prozent weniger als im Jahr zuvor. Dieses Jahr rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz von 380 Millionen Euro. Der Gewinn vor Steuern sank von 25,5 auf 21,1 Millionen Euro. Die 1961 gegründete Holding ist im SDAX gelistet. Erstmals dürften in diesem Jahr mehr digitale Fotos als Filmfotos entwickelt werden.  TAZ

VON KAI SCHÖNEBERG

Gerd Schwandner ist im Mai eingestiegen. Mitten im Wahlkampf blätterte er den Wert eines „Kleinwagens“ für Aktien von Cewe Color auf den Tisch, „weil ich gesehen habe, die kriegen das gut hin“. Nun ist der er Oberbürgermeister von Oldenburg. Nicht nur, weil der Oldenburger Fotodienstleister die einzige börsennotierte Firma in der Stadt ist, sondern auch, weil der parteiloseSchwandner „den Kurs des Vorstands unterstützen möchte“, wird er am Donnerstag auf der Hauptversammlung des Unternehmens sprechen – als „Klein“-Aktionär und OB.

1.000 Shareholder werden in zwei Tagen in der Oldenburger EWE-Arena erwartet – so viele wie nie zuvor. Das Treffen verspricht Dramatik. Finanzinvestoren aus Übersee wollen, dass die Köpfe des Aufsichtsrates rollen, der Vorstand nicht entlastet wird. Zuvor hatten sie gefordert, das Unternehmen mit kreditfinanzierten Sonderausschüttungen in Höhe von bis zu 120 Millionen Euro auszubluten. Auch Schwandner fürchtet wenig Gutes für Cewe: „Aus New Jerseyer Sicht passiert ja nichts, wenn sie die Firma hier ausräubern.“ Allein in Oldenburg beschäftigt die Firma rund 1.000 Menschen.

Seit das in Bedrängnis geratene Management im Januar die Forderungen zweier Großaktionäre, der US-amerikanischen Marcap und der K Capital Partners, veröffentlichte, ist Europas größter Fotodienstleister nicht mehr aus den Schlagzeilen herausgekommen. Die Hegdefonds, die viele Oldenburger nur noch „Heuschrecken“ beschimpfen, befinden sich in einem erbitterten Streit um die Macht bei Cewe Color. Inzwischen halten sie rund 40 Prozent des stimmberechtigten Kapitals. Die Managementseite von Cewe sieht sich bei knapp 50 Prozent, davon liegt der Großteil in den Händen einer Erbengemeinschaft. Kleinanleger wie Schwandner könnten in zwei Tagen im Ringen um den künftigen Kurs von Cewe Color mit europaweit 3.000 Beschäftigten das Zünglein an der Waage spielen.

In der vergangenen Woche erreichte das Hauen und Stechen einen neuen Höhepunkt. Laut Presseberichten sollen Vorstandschef Rolf Hollander und Aufsichtsratsvorsitzender Hubert Rothärmel am 24. Januar ein vertrauliches Gespräch geführt haben, in dem sie gemeinsam ein Manipulation des Aktienkurses um zehn Prozent nach unten planten, um die Fonds zum Ausstieg zu bewegen. Ein „Insider“ will gelauscht und aufgezeichnet haben, weil die Cewe-Granden nach einem Telefonat den Hörer nicht auflegten.

Prompt wies das Unternehmen die Vorwürfe als „absurd“ zurück. „Einzelne“ versuchten „offenbar, durch bösartige Unterstellungen ihre Lage zu verbessern“. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht prüft inzwischen die „Telefonaffäre“, gestern leitete die Staatsanwaltschaft Oldenburg „Vorermittlungen“ ein. OB Schwandner dagegen sagt, in einem Gespräch mit ihm habe Hollander alle Vorwürfe ausgeräumt.

Die Hegdefonds sparen dennoch nicht mit Kritik: „Bedauerlicherweise lebt Cewe Color in der Vergangenheit“, heißt es auf der Internetseite von Marcap-Chef David Marcus. Das Unternehmen habe sich viel zu zögerlich auf die Digitalisierung der Fotografie eingelassen. Statt der zwischenzeitlich bis zu 45 Euro müsste der Aktienkurs längst bei 70 liegen. Dagegen betonen Bosse und Betriebsräte in Oldenburg, die Umstellung von analoger auf die neue Fototechnik sei in vollem Gang. Bei der Bestellung von Fotos im Internet sei man sogar „First Mover“.

Das ist den Hegdefonds nicht gut genug: „Ewige Restrukturierung“, „Kapitalvernichtung“, „Aktienkurs egal“, wütet Marcus. Die Oldenburger versperrten sich „notwendigen Veränderungen“, sagt auch der US-Investor Guy Wyser-Pratte. Ihm gefalle es „überhaupt nicht“, wie er als Aktionär behandelt werde. „Das ist, als ob sie einem Bullen mit einer roten Fahne zuwinken“, sagte er in der FAZ.

Wyser-Pratte hält, wie er sagt, inzwischen 6,4 Prozent. Bei einem Karlsruher Unternehmen wurden wegen ihm zwei Manager ihren Job los. Auch Schwandner fürchtet die „Zermürbungs-Taktik“ des Anlegers. Selbst wenn das Management-Lager bei der Hauptversammlung die Mehrheit erringe: „Die werden die nicht locker lassen.“