unterm strich
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In zwei Operninszenierungen um die halbe Welt: Am Sonntag hatte Richard Wagners „Fliegender Holländer“ im Opernhaus von Manaus Premiere, Regie führte Christoph Schlingensief, seine zweite Wagner-Inszenierung nach seinem spektakulären Bayreuth-Debüt 2004 mit Wagners Spätwerk „Parsifal“. dpa meldet „viel Beifall“ in Brasilien für das internationale Sängerensemble und die Musiker unter der Leitung von Luiz Fernando Malheiro. Der Regisseur musste allerdings auch einige „Miniproteste“ hinnehmen, wie er es später selber nannte. Doch diese seien „von deutschen Wagnerianern mit ihrem Reinheitsgebot“ gekommen, „die meinen, dass Wagner mit Samba nichts zu tun hat“. Auch seine Filmeinspielungen zum Beispiel aus Pasolinis „Die 120 Tage von Sodom“ (1975) irritierten einige Zuschauer. „Eine Gesellschaft befriedigt sich selbst und zerstört das Glück des anderen“, meinte Schlingensief dazu. Erste Kritiker wie in der ARD-Sendung „titel thesen temperamente“ meinten zur Manaus-Premiere, Schlingensief habe „mit diesem skurrilen, barocken Unternehmen ein kleines Wunder bewirkt – Manaus tanzt den Wagner“. In Bayreuth habe er „ein Stahlgewitter erlebt, in Manaus aber ist mein Herz berührt worden“, sagte Schlingensief dann noch der dpa. Der 46-jährige Berliner Regisseur arbeitete zwei Monate lang bei nahezu unerträglichen Temperaturen. Außerdem belasteten ihn private Sorgen schwer: Sein Vater starb vor kurzem, seine Mutter erkrankte ernsthaft. Dennoch sei für ihn in Brasilien ein persönlicher Traum in Erfüllung gegangen: „Das ist ein handgreiflicher Wagner, der lange überfällig war.“ Die in Brasilien entstandenen Filmaufnahmen, unter anderem mit dem Orchester im Regenwald, will er demnächst im Münchner Haus der Kunst zeigen.