EU rügt Prag wegen „Penis-Test“ bei Asylbewerbern

TSCHECHIEN Behörden: Verfahren wird derzeit nicht angewandt, um Homosexualität nachzuweisen

AUS PRAG SASCHA MOSTYN

Die Europäische Union hat die tschechische Praxis der „Phallometrie“, vulgo: Penischeck, bei Asylbewerbern erneut scharf kritisiert. „Die Phallometrie wird weiter angewandt und stellt eine ernsthafte Verletzung der Privatsphäre und der Menschenwürde dar“, rügte EU-Kommissarin Cecilia Malmström den Sextest.

Damit wollen die Prager Behörden feststellen, ob ein Asylbewerber, der eine Verfolgung wegen Homosexualität in seinem Heimatland geltend macht, auch tatsächlich homosexuell ist. Mit dem Verfahren soll bestimmt werden, wie sich sexuelle Anreize auf den Blutfluss zu den Geschlechtsorganen auswirken. Bei der laut tschechischem Innenministerium, „komplexen sexualdiagnostischen Untersuchung“ werden homosexuellen Asylbewerbern Pornofilme vorgeführt. Wer angetörnt wird, dem droht die Abschiebung.

In den zweifelhaften Genuss staatlich verordneter Sexfilmchen kommen nur Asylbewerber aus Ländern, in denen, so das Innenministerium, die „islamische Rechtsprechung der Scharia gelte“ oder Homosexualität unter Strafe stehe: Iran, Syrien, Ägypten, Aserbaidschan, Nigeria oder Kamerun. Die tschechische „Organisation für Flüchtlingshilfe“ weiß von mindestens drei Fällen, in denen sich Asylbewerber diesem Test unterziehen mussten: ein schwules iranisches Paar und eine lesbische Frau aus Kamerun. „Fälle, in denen eine langjährige Partnerschaft die sexuelle Orientierung des Bewerbers bewies“, sagt Magda Faltová von der Vereinigung für Integration und Migration.

Inzwischen hat Tschechien die Methode zwar eingestellt. „Aber sie hat sich bislang nicht von ihr distanziert“, rügt Faltová. Schon 2009 habe man von der Phallometrie Abstand genommen und plane nicht, zu ihr zurückzukehren, heißt es in einer Stellungnahme des tschechischen Innenministeriums.

Dennoch bleibt die Empörung groß. Im Dezember 2010 kritisierte die Europäische Union Tschechien für die Praxis, sexuelle Orientierung zu messen. Sie widerspreche der EU-Grundrechtscharta. Die Menschenrechtsagentur der EU bezeichnete die Tschechen gar als homophob. Kommissarin Malmström meint nun, Tschechien verletze zudem das Asylrecht der EU.

Das Prager Innenministerium sieht das anders. Die Phallometrie sollte Asylbewerber schützen. „Im Zweifel wollen wir hundert Prozent Sicherheit, dass wir keinen in ein Land zurückschicken, dem dort wegen seiner sexuellen Orientierung Gefahr oder sogar die Todesstrafe droht.“