VON BUBBLE NACH CRUNCH (ÜBER SCUZZ)
: Krachendes Skelett

Nils Schuhmacher

Personell schmal aufgestellte Bands kennt man so einige. Manche klingen wie die Duos, die sie sind (White Stripes), die nächsten wie eine aus E-Gitarristen zusammengestellte Bigband (Blood Red Shoes), andere mal so, mal so (Fiery Furnaces). Und Honeyblood? Die Musik der zwei Glasgowerinnen klingt auch auf guten Boxen nicht wesentlich anders als auf einem Mobiltelefon: krachig und skelettös zugleich. So weit, so gut, denn alles kann nur besser sein als die aufgefettete, den Mittenbereich vollstellende selbsternannte Post-Punk- und Indie-Musik dieser Tage (zum Beispiel am 10. 10.).

Nun ist aber noch das eine oder andere hinzuzufügen. Das um Stina Tweeddale und Shona McVicar gruppierte Duo fügt sich einerseits in eine Reihe von 80er-Jahre-Low-Fi-Bands, die ungefähr bei den Shop Assistants anfängt und bei Bubblepop-Bands wie den Primitives noch lange nicht aufhört, andererseits wird der musikalischen Aktualisierung des Genres eine gewisse Aufmerksamkeit gewidmet. Als Erfolg kann in diesem Sinne verbucht werden, wenn die Songs nicht allzu sehr als Zeitreisende daherkommen, sondern zuweilen die Schroffheit etwas aktuellerer Künstler wie Sleater-Kinney, Hole und The Breeders gestriffen oder gar aufgenommen wird. Erst dann wird es wirklich interessant.

Wohl auch daher rührt die Idee, sich selbst doppeldeutig als Crunch-Pop zu klassifizieren. Was vielleicht heißen will: Es malmt und kracht und quietscht, sodass es einen in die eine und die andere Richtung gleichzeitig wirft. Oder auch: erfolgreich zwischen die Mahlsteine der ganzen genannten Subgenres und Trends geraten. Ein besonders großer Mahlstein ist zweifelsohne jener englische Musikkanal, der seit guten zehn Jahren mit Heavy Rotation für einen steten Zustrom von Neuentdeckungen auf der Insel sorgt. Insofern ist es kaum erstaunlich, dass der Guardian anlässlich des jüngst erschienenen Debütalbums das Etikett „Scuzz“-Pop verlieh und die Band mit diesem Etikett in größte Nähe zu dem so heißenden Kanal rückte. Na und, muss man fast schon sagen. Mag sein, dass Honeyblood nicht eben spektakulär Neues präsentieren und irgendwie leicht wegzukonsumieren sind. Aber das etwas vergiftete Geschenk kann nicht über Folgendes hinwegtäuschen. Erstens gelingt es McVicar und Tweeddale, bei all ihre Knarzigkeit den einen oder anderen sehr hübschen Hit einzubetten. Zweitens rettet Tweeddales Gesang über wirklich jeden toten Punkt in der Musik und ist überhaupt ein herausragendes Argument für die Band. Drittens: wer mädchenhafte Süßlichkeit erwartet und heraushört, ist bei Honeyblood vor allem in die Falle der eigenen Klischeevorstellungen gelaufen. Und kann dort auf das nächste Duo warten (Do, 2. 10., 21 Uhr, Prinzenbar).