Das schleichende Aus hat bereits begonnen

NOTLAGE Durch die Probleme der Hebammen geraten auch die Geburtshäuser in Gefahr

Geräumige Betten, warme Farben und eine gemütliche Einrichtung – Geburtshäuser setzen auf eine geschützte Atmosphäre unter der engen Betreuung von Hebammen. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert bieten Geburtshäuser in Deutschland solche Bedingungen, um entspannte Geburten zu ermöglichen. Mittlerweile gebären die ersten Frauen in Geburtshäusern, die selber dort geboren wurden (siehe taz vom 31. Mai 2014).

Doch angesichts der unsicheren Zukunft des Berufsstandes der Hebammen sind auch die Geburtshäuser in Gefahr. Selbst das Geburtshaus Charlottenburg, die größte und älteste Einrichtung ihrer Art in Deutschland, „kämpft um seine Existenz“, sagt Christine Bruhn, Geschäftsführerin des Geburtshauses Charlottenburg – und das „trotz sehr hoher Nachfrage“. Laut Bruhn sei die Situation bei anderen Geburtshäusern ähnlich: Das „Sterben der Geburtshäuser“ habe bereits begonnen, und nach Schätzungen werden noch dieses Jahr rund zehn Prozent aller Geburtshäuser in Deutschland schließen.

Hauptgrund für die schwierige Lage ist laut Bruhn, dass es nach derzeitigem Stand ab 2016 für die außerklinische Geburtshilfe überhaupt keine Haftpflicht mehr geben wird, was dazu führe, dass „immer weniger Hebammen Geburtshilfe übernehmen“ wollen. „Wir haben schon heute erhebliche Nachwuchsprobleme und immer weniger berufserfahrene Hebammen. Das kostbare Wissen um die normale Geburt droht verloren zu gehen.“ Dabei sei für eine werdende Mutter und ihr Kind eine persönliche Eins-zu-eins Betreuung das Beste, so Bruhn.

Als Lösung schlägt der Deutsche Hebammenverband (DHV) einen staatlichen Haftungsfonds für Gesundheitsberufe vor. Doch bisher lehnt das Gesundheitsministerium die Einrichtung eines solchen Fonds als zu bürokratisch ab. Dabei existieren und funktionieren entsprechende Fonds in anderen Ländern bereits. So müssen die Hebammen in Österreich beispielweise jährlich nur etwa 100 Euro einzahlen, während sich die Haftpflichtprämien für freiberufliche Hebammen in Deutschland auf mehrere tausend Euro belaufen – bei der derzeitigen Vergütung für viele unbezahlbar.

Gleichzeitig ist laut Bruhn das „große Engagement der jetzigen Bundesregierung“ anzuerkennen, das Problem anzugehen und zumindest Zwischenlösungen zu finden. Um sich persönlich über die Situation der Geburtshilfe ein Bild zu machen, wird Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am 6. Oktober dem Geburtshaus Charlottenburg auf Einladung Bruhns einen Besuch abstatten. OS