Die Uni zeigt den Stinkefinger

Uni-Vollversammlung beschließt einstimmig massiven Protest gegen Kürzungen

Es war vor allem eine Kampfansage an die große Koaltion in Bremen: Einstimmig verlangten gestern weit über 2.000 Studierende, ProfessorInnen und MitarbeiterInnen an der Bremer Uni die sofortige Rücknahme aller Kürzungs- und Studiengebührenpläne der Landesregierung. Auf eine entsprechende Resolution hatten sich bereits im Vorfeld der Vollversammlung alle drei Statusgrupppen der Universität geeinigt.

Die Studierenden kündigten für die verbleibenden zweieinhalb Wochen vor der Bürgerschaftswahl „massive“ dezentrale Protestaktionen an, dazu eine Großdemonstration in der Innenstadt am 8. Mai. Dafür haben sie sich – gemeinsam mit ihren Lehrenden – darauf geeinigt, dass die Anwesenheitspflicht für alle Lehrveranstaltungen ausgesetzt wird. Eine vollständige Streichung aller Seminare und Vorlesungen mochten die Studierenden indes nicht beschließen. Dafür werden bereits am morgigen Donnerstag alle für diesen Tag geplanten Lehrveranstaltungen der Uni in die Innenstadt verlegt.

Zu Fall bringen will die Uni mit ihrem kollektiven Protest vor allem den Hochschulentwicklungsplan V (HEP V). Er sieht unter anderem vor, 74 von 314 Uni-Professuren bis 2015 zu streichen. Außerdem sollen drei Studiengänge geschlossen werden. Neben dem Sport sind auch die Behindertenpädagogik sowie Musik akut bedroht, weitere Fachbereiche sollen ausgedünnt werden. Gestern nun verlangte die Bremer Uni auf Drängen der Studierenden einstimmig eine Bestandsgarantie für alle Studiengänge und Fachbereiche, dazu eine „adäquate Ausstattung“ des gesamten Bildungsbereiches mit öffentlichen Mitteln.

Selbst Rektor Wilfried Müller gab sich auf der Vollversammlung ungewohnt kämpferisch – und erntete dafür heftigen Applaus der Studierenden. „Wir müssen alles tun, um HEP V zu verhindern und eine bessere Lösung zu erreichen.“ Keine Stadt, so Müller, sei ohne eine Erweiterung seines Wissenschaftssystems aus der Krise gekommen. Davon aber könne in Bremen keine Rede sein: Nicht nur jede vierte Professur, auch zahlreiche Studienplätze sollen abgebaut werden – auch wenn Müller selbst dies „gesellschaftlich völlig unsinnig“ findet.

Noch im Januar war Müller allerdings bereit, die Sparpläne der großen Koalition mitzutragen. Doch dann sprengten 200 Studierende eine Sitzung des Akademischen Senates, des höchsten demokratisch gewählten Uni-Gremiums – eine Aktion, für die sich Müller später bei den Studierenden bedankte.

Nach den Worten von

Wolfram Elsner, Professor für Wirtschaftswissenschaft und einer der Moderatoren der Vollversammlung, müsse die Uni im laufenden Wahlkampf jetzt vor allem verhindern, „dass jene unsere Freunde werden, die in den letzten zwölf Jahren regiert haben“. Die Grünen solidarisierten sich denn auch umgehend mit dem Uni-Protest, ihre Wissenschaftspolitikerin Silvia Schön versprach im Falle einer grünen Regierungsbeteiligung „Himmel und Hölle“ in Bewegung zu setzen, um der Uni zusätzlich einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr zukommen zu lassen. Auch die Linke forderte umgehend eine Aufstockung des Wissenschaftsetats und meldete Widerstand gegen die Kürzungspläne des Senates an, ebenso die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die GesamtschülerInnenvertretung. Jan Zier

Weitere Informationen sowie alle Aktionstermine finden sich unter www.protest.uni-bremen.de