AUCH SIEMENS-CHEF KLEINFELD TRÄGT VERANTWORTUNG FÜR DIE KRISE
: Schweigen mit System

Siemens hat ein Problem mit seinen Mitarbeitern – und zwar mit denen an der Spitze des Konzerns. Heinrich von Pierer, der ewige Vorsitzende von Vorstand und Aufsichtsrat, verlässt heute das Kontrollgremium des Unternehmens. Sein Nachfolger als Vorstandschef, Klaus Kleinfeld, wird ihm bald folgen. Denn unabhängig davon, ob die Lenker der Deutschland AG im Siemens-Aufsichtsrat heute seinen Vertrag verlängern oder nicht – als Vorstandschef eines der mächtigsten Unternehmen Deutschlands ist Klaus Kleinfeld erledigt.

Innerhalb der vergangenen neun Monate hat er es nicht geschafft, Siemens aus den Schlagzeilen zu holen. Es wäre seine Aufgabe gewesen, die Machenschaften in seinem eigenen Haus aufzudecken. Stattdessen hat er immer nur Bruchteile dessen zugegeben, was seine 420.000 Mitarbeiter weltweit schon morgens in der Zeitung lesen konnten. Damit ist er weder seiner Verantwortung noch seiner Führungsrolle gerecht geworden.

Das öffentliche Bild des Konzerns ist schon seit dem BenQ-Desaster im vergangenen Sommer angeschlagen. Doch seit Staatsanwälte und Polizei die Büroräume durchleuchten, entspricht es immer mehr dem Image, das linke Kritiker seit Jahrzehnten beklagen: korrupt, verlogen, bestechlich. In der Vergangenheit hat es immer wieder Korruptions-Prozesse gegen Siemens-Manager gegeben. Als „Einzelfälle“ versuchte der Konzern, diese abzutun. Doch mittlerweile weiß die Öffentlichkeit, dass das System Siemens von Bestechung lebt.

Dazu gehörte die Bestechung der Mitarbeiter im eigenen Haus. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft hat die Arbeitnehmervertretung AUB, getarnt als pseudogewerkschaftlicher Bund, mindestens 34 Millionen Euro unrechtmäßig erhalten. Das Geld diente dem damaligen Vorstand dazu, die Mitbestimmung in seinem Unternehmen – und damit einen Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft – zu unterminieren. So viel selbstherrlichen Größenwahn hätten Pierer selbst die kritischsten Aktionäre nicht zugetraut. Klaus Kleinfeld mag dafür nichts können. Doch sein Schweigen macht ihn mitverantwortlich. ULRIKE FOKKEN