Deutlicher Trend zur Mitte in Frankreich

Der rechte Kandidat Sarkozy erobert sämtliche Hochburgen der Rechtsextremen. Junge Leute wählen eher links

PARIS taz ■ Die politische Landkarte Frankreichs hat sich am Sonntag radikal zur Mitte hin verändert. Zahlreiche Grenzen zwischen rechts und rechtsextrem sind gepurzelt. Und zahlreiche Regionen sind von rechts nach links gewechselt. Ausnahmslos überall ist die Tendenz zur Stimmabgabe zugunsten der drei in der Mitte spürbar.

Nicolas Sarkozy ist in knapp drei Viertel der Départements stärkster Kandidat. Ségolène Royal ist Stärkste in einem guten Viertel. Der rechtsliberale François Bayrou, der sich wegen seiner 19 Prozent landesweit als PräsidentInnenmacher gibt, war nur bei sich zu Hause der Bestplatzierte: In Pyréneés-Atlantiques bekam er 29,6 Prozent.

Sarkozy hat sämtliche Hochburgen der Rechtsextremen erobert. Er ist überall dort besonders erfolgreich, wo Jean-Marie Le Pen im Jahr 2002 stark oder stärkster Präsidentschaftskandidat war. Besonders eindrücklich wirkt sich die Wanderung von einer Million Front-National-WählerInnen zu Sarkozy in drei Regionen aus: im Elsass, in dem rund um Marseille gelegenen Paca und in den deindustrialisierten Arbeitergegenden längs der belgischen Grenze und der Kanalküste. Sarkozy ist auch in vier Départements der Hauptstadtregion Île-de-France und in Paris selbst der stärkste Kandidat.

Royal schneidet in der Île-de-France nur in einem Département als Beste ab: in Seine-Saint-Denis, im einst roten Osten von Paris, wo die höchste Armuts- und Einwanderungskonzentration der Region ist und wo vor eineinhalb Jahren die Vorstadtunruhen begonnen haben. Royals Hochburgen sind die Bretagne mit Ausnahme des Morbihan sowie fast der komplette Südwesten inklusive der Region Poitou-Charentes, deren Präsidentin sie seit 2004 ist. Stärkste ist sie auch im Zentrum Frankreichs – unter anderem in der Creuze, wo in den vergangenen Jahren starke Mobilisierungen zugunsten des öffentlichen Dienstes stattgefunden haben, aber auch in der Corrèze, dem Heimatdépartement von Chirac. Eine weitere Bastion von Royal ist das Département Nièvre im Burgund. Dort war Royals politischer Ziehvater Mitterrand einst Bürgermeister.

Royal konnte mit 27 Prozent der Stimmen der Frauen mehr bei ihrem eigenen Geschlecht mobilisieren als bei Männern, von denen sie 24 Prozent der Stimmen bekam. Doch Sarkozy war auch bei den Frauen erfolgreicher als sie. Er bekam 31 Prozent der Stimmen der Frauen und 28 Prozent der Stimmen der Männer.

Je jünger die WählerInnen sind, desto stärker haben sie links gewählt. Royal bekam bei den JungwählerInnen 28 Prozent der Stimmen, gegen 24 Prozent für Sarkozy. Im mittleren Alter ist die Stimmabgabe ausgewogen auf die beiden Stärksten verteilt. Ab dem Rentenalter driften die FranzösInnen nach rechts. Bei den über 70-Jährigen stimmten 44 Prozent für Sarkozy.

Leicht verändert hat sich das Wahlverhalten der ArbeiterInnen. Auch dieses Mal wurde Le Pen (mit 25 Prozent) wieder ihr stärkster Kandidat. Doch Royal konnte ein Stück des von Lionel Jospin verlorenen Terrains aufholen. Sie bekam am Sonntag 20 Prozent der Stimmen von ArbeiterInnen. Sarkozy, der jetzt besonders um die „populären Stimmen“ wirbt, bekam am Sonntag 19 Prozent seiner Stimmen aus dem proletarischen Milieu. Bei den Bauern, Handwerkern und kleinen Händlern hingegen hat Sarkozy sein Terrain bereits ausgereizt. Er bekam bei ihnen am Sonntag zwischen drei- und viermal so viele Stimmen wie Royal. DOROTHEA HAHN