Der Klimawandler

Im Hinterland gibt’s grüne Bäume,Da wachsen dicke Pflaumen dran. Und Bienen summen sanft durch meine Träume, Und zu der Pflaum gesell’n sich andre Pfläume Und kuscheln sich daran.

Über den Weiden wehen weiche Winde,Die kommen von den Wolken her.Man sagt, sie zögen übers Meer, Und Tränenhauch auf mancher Birkenrinde Sei Bote ihrer Wiederkehr.

Man hört die Frösche in den nahen Sümpfen, Hört, wie sich Schilfblatt sanft an Schilfblatt schmiegt.Und wenn dein Ohr nur lang genug am Boden liegt, Dann huscht die Welt gleich wie auf Woll- und andern Strümpfen, Und Gleichmut siegt.

Dann siehst du Schafe, die sich selber scheren, Bemerkst, wie Kinder lachend torkeln durch den Wald. Und auf den Autobahnen schwimmen Autos im Asphalt, Und Hasen drängen sich vor Schießgewehren, Und flehen: „Bitte, Jäger, mach mich kalt!“

Du hörst, wie Ferkel quieken nach der Mutter, Doch die liegt regungslos im Dreck. Ein Sonnenstich – und sie war weg. Vergebens hoffen Tier und Mensch auf Futter, Das Tier auf Milch, der Mensch auf Speck.

Hitze flirrt auf – erstorben ist das Kinderlachen, Die Kleinen fallen reihenweise um, Und auch die Blätter werden plötzlich stumm. Benommen packen Bienen ihre Siebensachen, Vorbei, vorbei ist ihr Gesumm.

Endlich vorbei ist es auch mit dem Kuscheln, Dürr wehen Pflaumenleichen von dem Ast. „Wo ist der Sumpf?“, fragen verwirrte Muscheln. Und während sie noch hastig tuscheln, Klopft an die Tür ein grimmer Gast.

Der wird die Welt von Grund auf ändern – Der Klimawandler zieht durchs gilbe Land, Schon ist das Schilfgras abgebrannt. Und Baumgerippe reißt’s aus ihren Wurzelständern, Und überall tobt Wüstensand.

Die Weiden knarren knapp, sie knistern. Der Klimawandler steckt ein Streichholz an. Und hörst du noch die Jäger bang um Hilfe flüstern, Faucht CO2 aus seinen Nüstern Und fegt über die Autobahn.

Dann stolperst du über Gebeine Von Hasen, Ferkeln und von mancher Sau, Wo einstmals Flüsse flossen, liegen kahle Steine. Ein Blick nach oben, hoch zum Firmament lässt dich alleine, Der Umweltengel Gabriel macht heute blau.

Im Hinterland gibt’s keine Bäume, Es herrschen fahle Dämmerung und Nacht, Und alle warten, dass die Sturmflut durch die Ritzen kracht Und uns hinwegspült, uns und unsre Träume – O, wär der Klimawandler nie erwacht.

German Neundorfer