Afrika braucht Geld und keine neuen Ziele

Die G-8-Staaten haben seit dem letzten Gipfel wenig für Afrika getan und trommeln nun für mehr Engagement

BERLIN taz ■ 50 Milliarden US-Dollar für Afrika bis 2010 – das haben die führenden Industrienationen auf dem letzten G-8-Gipfel in Gleneagles versprochen. Zwei Jahre später und kurz vor dem nächsten Gipfel fällt die Bilanz jedoch mager aus: Lediglich zehn Prozent der entsprechenden Summe kamen bislang zusammen.

Verantwortung lastet nun auf der deutschen G-8-Präsidentschaft. Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte gestern nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair und dem ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan, sie wolle „den Impuls von Gleneagles“ für den Gipfel in Heiligendamm aufgreifen. Allerdings sprach sie sich gegen neue Schwerpunkte aus. „Wir müssen Sorge tragen, dass wir die bestehenden Ziele erreichen“, erklärte Merkel. Damit bezog sich die Bundeskanzlerin nicht nur auf den Beschluss von Gleneagles und die Verdopplung der Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2010, sondern auch auf die Millenniumsziele: Bereits vor sieben Jahren haben sich die UN-Mitgliedsstaaten ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Bis 2015 sollte die Armut in der Welt halbiert werden. Dafür sollte jedes Land bis zu diesem Zeitpunkt mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) in Entwicklungshilfe investieren.

Gemeinsam mit dem Sänger Bob Geldof startete Annan am Dienstag eine Initiative zur Überwachung der G-8-Verpflichtungen, das Africa Progress Panel (APP). Nicht um neue Forderungen geht es hierbei, sondern darum, alte Verpflichtungen umzusetzen: „Sonst wird es zu spät sein“, warnte Annan. Seit Gleneagles habe die Unterstützung der Industrieländer stetig nachgelassen: „2005 lief es gut, 2006 sind wir abgerutscht, und wenn wir von jetzt an nicht jedes Jahr 5 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen, werden wir das Ziel verfehlen“, so Annan.

Auch Deutschland ist weit davon entfernt, die eigenen Vorgaben zu erfüllen: Zwar wurde der Entwicklungshilfehaushalt dieses Jahr immerhin um 7,6 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro erhöht, noch nicht eingerechnet sind Entschuldungsmaßnahmen oder Entwicklungshilfeprojekte anderer Ministerien. Dennoch: Es handelt sich hier um den gesamten Entwicklungshilfehaushalt, nicht nur um Zusagen an Afrika. Auch in Bezug auf die Millenniumsziele ist dies zu wenig. Nur etwa die Hälfte der angestrebten 0,7 Prozent des BNE investiert die Bundesrepublik in Entwicklungshilfe. Tony Blair erinnerte bei dem Treffen in Berlin daran, dass die Unterstützung Afrikas im eigenen Interesse der Industrieländer liege: „Wenn wir keine Verantwortung übernehmen, werden auch Staaten wie Deutschland und Großbritannien die Folgen von Armut, Konflikten, Migration oder Terrorismus zu spüren bekommen.“

Einig waren sich alle darin, dass noch viel getan werden muss. Merkel erklärte, man wolle vor allem diejenigen unterstützen, die „zu Hause“ ihre Pflichten erfüllten, also etwa dem Kriterium guter Regierungsführung entsprächen. „Wir werden uns genau anschauen, wo wir Hilfe konzentrieren können“, erklärte die G-8-Vorsitzende. Afrika wird ein Schwerpunkt des Gipfels in Heiligendamm sein.

NICOLE MESSMER