Die Mythen leben weiter

Vor wenigen Tag verstarb die designierte Intendantin der Ruhrtriennale. In der kommenden Saison sollen trotzdem viele Projekte von Marie Zimmermann gezeigt werden. Der Schwerpunkt: Mittelalter

Die Ruhr-Triennale macht trotz des Todes ihrer designierten Intendantin Marie Zimmermann 2008 ohne Unterbrechung weiter. „Es wird keine Pause geben, auch wenn manche Leute das jetzt vorschlagen“, betonte Nordrhein-Westfalens Kultur-Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff gestern in Bochum bei der Präsentation des diesjährigen Programms. „Wir werden im nächsten Jahr möglichst viele der bereits angedachten Projekte von Marie Zimmermann umsetzen.“ Eine Nachfolge mit komplett neuem Konzept sei wegen der dafür nötigen Vorbereitungszeit erst ab dem übernächsten Jahr möglich.

Von welchem Intendanten das Festival ab 2008 geführt werden soll, darüber wollten Grosse-Brockhoff und der derzeitige Festivalleiter Jürgen Flimm derzeit nicht diskutieren. „Dafür ist der Verlust zu groß.“ Zimmermann, die an Depressionen litt, hatte sich vor wenigen Tagen das Leben genommen.

Im Mittelpunkt der Triennale in diesem Jahr stehen Mythen und Stoffe des Mittelalters wie die König-Artus-Thematik. Geplant sind 28 Produktionen, darunter fünf Uraufführungen von Auftragswerken, und 102 Vorstellungen von Anfang September bis Mitte Oktober.

Flimms Spielzeit endet in diesem Jahr, und er ist zugleich bei den Salzburger Festspielen engagiert. Deswegen hatte er nach dem Tod von Marie Zimmermann eine Verlängerung im Ruhrgebiet definitiv ausgeschlossen. Er werde aber bis Mitte Oktober ihre bereits vorhandenen Vorarbeiten für die kommende Spielzeit sichten, um den Übergang zu erleichtern, sagte Jürgen Flimm.

Die Triennale gilt mit einem Etat von gut 40 Millionen Euro über drei Jahre und teils spektakulären Aufführungen in Industrieanlagen des Ruhrgebiets als eines der bundesweit bedeutendsten Opern- und Theaterfestivals.

Mit dem Schwerpunkt Mittelalter, nach Romantik und Barock in den Vorjahren, gehe das Festival weiter in der Geschichte zurück und suche dabei wieder nach Bezügen zur heutigen Zeit, sagte Intendant Flimm. So gibt es Gedichte des mittelalterlichen Minnesängers Walther von der Vogelweide, gesungen von Sanda Weigl und modern vertont von dem New Yorker Pianisten Anthony Coleman. Der niederländische Regisseur Johans Simons präsentiert Tankred Dorsts Artus-Epos „Merlin oder das wüste Land“, das ohne Streichungen acht Stunden dauern würde. Mit „Le vin herbé“ (Der Kräutertrank) inszeniert Willy Becker eine moderne Adaption des „Tristan und Isolde“-Stoffs. Eine spektakuläre Installation gibt es beim Musiktheater „Unter Eis“ nach einem Theaterstück von Falk Richter, der auch Regie führt, mit Musik von Jörn Arnecke: Der gesamte Zuschauerraum in der Jahrhunderthalle wird dabei von einem 800 Quadratmeter großen Dach aus Glasgewebe überspannt. Das Stück handelt vom Berufsalltag und dem Scheitern von Unternehmensberatern.

Nach dem Erfolg 2006 wiederholt die Triennale mit Bernd Alois Zimmermanns Oper „Die Soldaten“ erstmals ein Stück. Dem früheren Ruhrgebiets-Intendanten Claus Peymann widmet die Triennale einen Werk-Schwerpunkt. Zu sehen ist unter anderem eine Peymann-Inszenierung von Peter Handkes „Spuren der Verirrten“ und Thomas Bernhards Stück „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“. DPA