die taz vor 14 jahren zur einstellung des „la belle“-prozesses
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Geheimdienstler der verschiedensten Länder dürfen erleichtert aufatmen: Der Prozeß um den Sprengstoffanschlag auf die Berliner Diskothek „La Belle“ ist geplatzt. Perdu ist damit auch der Anlaß, die dubiose Rolle der Nachrichtendienste bei dem Attentat auch nur annähernd einmal auszuleuchten. Daß der Anschlag unter den Augen der DDR-Staatssicherheit und der von ihr informierten Staatsführung geplant, organisiert und schließlich durchgeführt wurde, ist aus den Akten des untergegangenen Mielke-Imperiums hinreichend belegt. Völlig offen ist dagegen, wieweit etwa der Berliner Verfassungsschutz oder der US-amerikanische Geheimdienst CIA im Vorfeld des Anschlages informiert, wenn nicht sogar involviert waren.

Auf dem Höhepunkt der Konfrontation zwischen Libyens Staatschef Muammar el Gaddafi und der US-Administration ließ Präsident Ronald Reagan zehn Tage nach dem Anschlag in Berlin seine Luftstreitmacht einen Vergeltungsschlag gegen militärische Einrichtungen in den libyschen Städten Tripolis und Bengasi fliegen. Die von ihm lauthals verkündeten Beweise für eine Urheberschaft Gaddafis blieb er damals schuldig. Die Libyen-Connection wurde zwar immer wieder behauptet – bis zur Öffnung der Stasi-Archive blieb sie aber unbelegt. Doch wie präzise war die Regierung Reagan informiert und wenn, was hat sie getan, um den Anschlag zu verhindern? Am Ende muß man auch fragen, ob der Anschlag auf die Diskothek vielleicht nur ein willkommener Anlaß war, einen militärischen Schlag gegen den verhaßten Gaddafi zu führen.

Wolfgang Gast, 27. 4. 1993