LESERINNENBRIEFE
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Ein Lob

■ betr.: taz-Berichte über Landwirtschaft

Ein großes Lob für eure Berichte zum Thema Landwirtschaft! Wenn ihr so weitermacht, dann kriege ich bald doch noch meine LandwirtschaftskollegInnen dazu, die taz dauerhaft zu abonnieren. In vielen anderen Medien werden ländliche Entwicklung und Landwirtschaft viel zu wenig berücksichtigt. Gut, dass ihr diese Lücke füllt! Herzlich SILVA HERRMANN, Jokkmokk, Schweden

Nur mit christlichem Zertifikat

■ betr.: „Ein haariges Urteil“, taz vom 25. 9. 14

Wenn eine kopftuchtragende Muslima nicht als Krankenschwester in einem christlichen Krankenhaus arbeiten darf, dann müsste doch dies Urteil in letzter Konsequenz bedeuten, dass eine kopftuchtragende Muslima stationär nicht behandelt werden darf, weil dies nicht vereinbar ist mit dem christlichen Glauben für die christlichen PatientInnen, das christliche Pflegepersonal als auch die christliche Ärzteschaft. Fazit: In ein christliches Krankenhaus nur mit christlichem Zertifikat! Dadurch wäre das gesamte christliche Personal arbeitsmäßig enorm entlastet. BIENE COLDEWE, Bremen

Ausgeleiertes Scheinargument

■ betr.: „Frauen für Sexismusverbot“, taz vom 23. 9. 14

Die Sprecherin des deutschen Werberats, Julia Busse, sollte sich unbedingt über die Verhaltensregeln desselben informieren. Auf der Website des deutschen Werberats (www.werberat.de/content/herabwuerdigung-und-diskriminierung) steht: „In der kommerziellen Werbung dürfen deshalb vor allem keine Aussagen oder Darstellungen verwendet werden, 1. die Personen beispielsweise wegen ihres Geschlechts, ihrer Abstammung … diskriminieren …; 4. die den Eindruck erwecken, Personen seien käuflich zu erwerben, oder Personen mit Objekten gleichsetzen; 5. die Personen auf ihre Sexualität reduzieren oder ihre sexuelle Verfügbarkeit nahelegen; 6. die mit übertrieben herausgestellter Nacktheit eine Herabwürdigung des Geschlechts vermitteln etc.

Sich darauf zurückzuziehen, dass der Staat nicht den Tugendwächter zu spielen braucht, ist ein ausgeleiertes Scheinargument, um die Kritik an sexistischer Werbung, die es ja tatsächlich zuhauf gibt, mundtot zu machen, genauso wie das Argument, dass es unklar sei, was als sexistische Werbung gelte. Gleichzeitig widerspricht sich Busse selbst, indem sie den Erfolg der jetzigen Regelungen gegen sexistische Werbung lobt, da in 96 Prozent der gerügten Fälle die Werbung entfernt wurde. Wenn dann tatsächlich einmal etwas gerügt wird, dauert es jedoch eine Zeit lang, bis die Werbung entfernt wird, und mit der Rüge selbst kann die Kampagne noch mal in die Presse gelangen, was wieder Aufmerksamkeit bringt. Mit so einer Regelung kann die Werbeindustrie bestens leben. MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Eine Gedenktafel in Hildesheim

■ betr.: „Vordenker der Homosexualität“, taz vom 26. 9. 14

Ich freue mich, dass in Göttingen eine Gedenktafel an Karl Heinrich Ulrichs „als Vordenker der Schwulenbewegung“ erinnert. Schade, dass in der Aufzählung seiner beruflichen Laufbahn und des öffentlichen Gedenkens die Stadt Hildesheim fehlt. Ich möchte deshalb ergänzen: Durch die Initiative des Schwulen Freundeskreises Hildesheim ist vor 12 Jahren eine Gedenktafel zu Ehren Ulrichs an der Rechtspflegeschule angebracht worden („Gerichtsassessor in Hildesheim 1853–1854“) und eine weitere Gedenktafel mit dem Zusatz „Ulrichs setzte sich als Selbstbetroffener für die Aufhebung der Strafbarkeit gleichgeschlechtlicher Liebe ein“ befindet sich im Stadtmuseum. KARIN COHRS, Hildesheimer AIDS-Hilfe e. V.

Verlierer werden geschaffen

■ betr.: „Jetzt bloß keinen Fehler machen“, taz vom 20./21. 9. 14

Verlierer gibt es nicht, sie werden zur Gewinnmaximierung geschaffen! Über ein Buch mit dem Thema „Gesellschaft der Angst“ zu schreiben, ohne eine der wesentlichen Ursachen der erschreckend zunehmenden krankmachenden Ängste zu benennen, ist an Oberflächlichkeit im Journalismus kaum zu überbieten. Und falls auch der Professor Bude in seinem Buch nichts darüber geschrieben haben sollte, dann muss das eben auch benannt werden. Was uns krank macht, ist die wettbewerbliche Zielstellung in unserer Gesellschaft, Verlierer zu schaffen (!), auf die als Buhmann und Sündenbock eingedroschen werden kann. Die Gesellschaft aber in Gewinner und Verlierer einzuteilen, ist ein Verbrechen und menschenverachtend.

Wie wird diese Stigmatisierung geschaffen? Das beginnt in der Schule, wo eine falsche Muttersprache, eine falsche Wohngegend genügt, um Kinder abzuwerten und höhere Schulabschlüsse zu verweigern. Es geht weiter mit Leistungseinstufungen von Universitäten, Krankenhäusern, Gemeinden (!) usw., wo nach oft sehr zweifelhaften Kriterien wiederum Gewinner und Verlierer produziert werden.

Warum bereits Grundschüler, Gymnasiasten, Eltern, Studenten und Arbeitnehmer von panischen Ängsten geplagt werden, lässt sich ebenfalls leicht erklären: Solange nicht genügend Arbeitsplätze mit existenzsicherndem Lohn unter zumutbaren Bedingungen zur Verfügung stehen, droht jedem ein Hartz-IV-Schicksal. Und das bedeutet: kein menschenwürdiges Leben mehr, weder für sich, noch für seine Kinder oder Partner. Die Aussicht für jeden, selbst zum angeblich dummen, verachtenswerten Sündenbock zu werden, macht die Gesellschaft krank. WALTRAUD FAASS, Straubenhardt-Feldrennach