Rauchverbot auf zweierlei Art

Nichtraucherschutz: Mit Hilfe der Bundesregierung entsteht eine scharfe WHO-Richtlinie

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung hat internationale Richtlinien zum Schutz vor Passivrauchen mit entworfen, die wesentlich weiter gehen als ihre aktuellen Gesetzespläne. Eine Richtlinie zur Umsetzung des Vertrags zur Tabakkontrolle der Weltgesundheitsorganisation WHO soll festlegen, dass das Rauchen in allen Arbeitsräumen verboten wird. Jeder Arbeitnehmer müsse das Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz haben.

Im Widerspruch zur Richtlinie steht das geplante Bundesgesetz, das der Bundestag heute berät. Darin bleiben Arbeitsplätze mit Publikumsverkehr wie Einkaufszentren, Flughäfen und auch Gaststätten vom Nichtraucherschutz ausgenommen.

Die WHO-Richtlinie sollen die 146 Staaten, die schon einen Vertrag zur Tabakkontrolle ratifiziert haben, im Juli verabschieden. Für die aktuellen Gesetzespläne in Deutschland dürfte die Richtlinie folgenlos bleiben. Sie zeigt jedoch, wie unterschiedlich das Thema Rauchverbot innerhalb der Bundesregierung gesehen wird: Während das Gesundheitsministerium von Ulla Schmidt an der sehr weit gehenden Richtlinie mitgewirkt hat, will das Arbeitsministerium von Franz Müntefering den Arbeitsschutz auf keinen Fall so verschärfen, dass der Nichtraucherschutz überall gilt.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht ein Rauchverbot in Bussen, Taxis, Flugzeugen und auf Fähren vor. In Zügen sollen Raucherbereiche gestattet bleiben, doch hat die Deutsche Bahn bereits ein absolutes Rauchverbot angekündigt. In Behörden, Anstalten, Stiftungen und Gerichten des Bundes soll Qualmen nur in abgetrennten Zimmern möglich sein. Nachträglich aufnehmen wollen die Regierungsfraktionen auch ein Rauchverbot im Bundestag.

Hingegen soll der Nichtraucherschutz in der Arbeitsstättenverordnung nur unwesentlich verändert werden. Daran hängt auch die Frage, ob in den Raucherräumen von Gaststätten künftig Selbstbedienung gilt. An Verboten in Kneipen und Restaurants arbeiten zurzeit die einzelnen Bundesländer. Das Rauchen soll auf abgetrennte Nebenräume beschränkt werden. Aber fast alle Landesregierungen sehen sich rechtlich nicht in der Lage, den Wirten zu verbieten, ihre Mitarbeiter in diese Nebenräume zu schicken: Dies könne nur der Bund über den Arbeitsschutz machen, heißt es.

Doch sowohl Münteferings Arbeitsministerium als auch die meisten Unionspolitiker wollen die Arbeitsstättenverordnung nicht verschärfen. Ganz anders verlangt es der Richtlinienentwurf, den Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums mit aufgesetzt haben: Effektive Schutzmaßnahmen müssten in Arbeitsräumen, öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln gelten. „Es sollte keine Ausnahmen geben“, heißt es in dem WHO-Papier. Raucherräume seien selbst mit Lüftungstechnik nicht geeignet, die Standards der WHO zu erfüllen. Zum Status des Papiers heißt es, die Richtlinien seien die offiziellen, wenn auch nicht juristisch bindenden Anleitungen zur Umsetzung des Vertrags zur Tabakkontrolle. GEORG LÖWISCH