Druck auf Bush

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Trotz Wochen scharfer Rhetorik und Vetodrohungen aus dem Weißen Haus hat das US-Repräsentantenhaus ein Finanzierungsgesetz für den Irakkrieg verabschiedet, das an eine Bedingung geknüpft ist: nämlich den Rückzug der US-Truppen aus dem Irak vom 1. Oktober dieses Jahres an. Bis März 2008, so die mit 218 zu 208 Stimmen beschlossene Gesetzesvorlage, sollen US-Soldaten den Irak vollständig verlassen haben.

Die Demokraten, die seit vergangenem November die Mehrheit innehaben, hoffen die Gesetzesvorlage am Montag zur Unterzeichnung an Präsident George W. Bush schicken zu können. Das wäre fast auf den Tag genau der vierte Jahrestag von Bushs Erklärung auf dem US-Flugzeugträger „Abraham Lincoln“, dass die Kampfhandlungen im Irak beendet seien.

Das Weiße Haus bekräftigte kurz nach der Abstimmung die Ablehnung der Vorlage. Sprecherin Dana Perino sagte, die Parlamentarier hätten „für das Scheitern im Irak gestimmt“. Der Präsident werde sein Veto einlegen. Angesichts der breiten Unzufriedenheit der US-Bürger mit der Irakpolitik erhöht der Vorstoß des Kongresses den Druck auf Bush, einen Zeitplan zum Truppenrückzug vorzulegen.

„Dieses Gesetz gibt dem Präsidenten die Strategie für einen Abzug aus dem irakischen Bürgerkrieg in die Hand, die ihm bisher gefehlt hat“, so der demokratische Abgeordnete David Obey in der Debatte. Der Fraktionsvorsitzende der Demokraten, Steny Hoyer, betonte: „Unsere Truppen sind in einen Bürgerkrieg verstrickt, in dem es keinen klaren Feind und keine klare Erfolgstrategie gibt.“

Die Republikaner im Repräsentantenhaus stellten sich beinahe geschlossen hinter George W. Bush und sprachen von einem „Kapitulationsdatum“. „Al-Qaida wird das als den Tag betrachten, an dem das Repräsentantenhaus das Handtuch warf“, sagte der Abgeordnete Jerry Lewis. Der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, prophezeite Chaos und Anarchie im Irak, sollte die Regierung die Frist annehmen. Zwei Republikaner stimmten mit 216 Demokraten für das Gesetz, 13 Demokraten mit 195 Republikanern gegen die Vorlage.

Die Mehrheit der Demokraten in beiden Häusern reicht nicht aus, um ein Veto des Präsidenten zu überstimmen. Wie im Artikel 1 der US-Verfassung geregelt ist, müssen alle Gesetzesvorlagen vom Präsidenten gebilligt werden. Tut er das nicht und schickt die Vorlage an den Kongress zurück, benötigt das Parlament in beiden Häusern eine Zweidrittelmehrheit, um das Präsidentenveto zu überstimmen.

Die Liberalen planen daher, dass der Kongress nach einem Scheitern des Gesetzes zügig eine neue Vorlage zur weiteren Finanzierung der Einsätze im Irak und in Afghanistan verabschieden wird. Die Administration hat für die weiteren Auslandseinsätze in beiden Ländern 124 Milliarden Dollar (91,4 Milliarden Euro) – das bis dato höchste geforderte Kriegsbudget – veranschlagt. Die bisher bewilligten Mittel reichen nur noch bis Juni oder Juli.

Bush hatte vor der Abstimmung im Repräsentantenhaus noch einmal hochrangige Vertreter des Verteidigungsministeriums sowie den Oberbefehlshaber im Irak, General David Petraeus, ins Rennen geschickt, um Abgeordnete in privaten Gesprächen davon zu überzeugen, die Finanzierung der Kriegseinsätze nicht mit einem Abzugszeitplan für den Irak zu verbinden. Die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sagt vor dem Wahlgang, mit der Vorlage werde Bush zum ersten Mal für den Krieg im Irak zur Rechenschaft gezogen.