Madrid bleibt auf der Straße

SPANIEN Die Proteste gehen weiter, Tausende demonstrieren im ganzen Land gegen Sozialabbau, Korruption und Arbeitslosigkeit. Das Zentrum Madrids soll eine weitere Woche besetzt bleiben

MADRID taz | Die Bewegung für eine „Echte Demokratie jetzt!“ geht auch nach den Regional- und Kommunalwahlen vom Sonntag weiter. Dies beschlossen unter brütender Sonne am Sonntagmittag tausende von Menschen auf einer Vollversammlung des Protestcamps im Stadtzentrum Madrid. Sie wollen die Puerta de Sol „mindestens eine Woche länger“ besetzt halten, um weiter für ihre Ziele einzutreten. In den nächsten Tagen sollen überall in Madrid Stadtteilversammlungen auf öffentlichen Plätzen einberufen werden, um noch mehr Menschen unter anderem gegen den Sozialabbau, die Arbeitslosigkeit, die Korruption und für ein gerechteres Wahlsystem zu mobilisieren.

In Spaniens zweitgrößter Stadt, Barcelona, beschloss das dortige Camp bereits am Samstag, zwei Großdemonstrationen für die nächsten Wochen vorzubereiten. Am Sonntagabend sollte über die Zukunft des Camps selbst abgestimmt werden. Es gilt als sicher, dass auch Barcelona weitermacht. In vielen anderen Städten Spaniens fanden am Sonntag ebenfalls Versammlungen statt. Aufgeben wird wohl auch hier keiner.

Die Bewegung 15M, so genannt nach den Auftaktdemonstrationen am 15. Mai, fordert die Behörden mit ihrer Entscheidung, zu bleiben, einmal mehr heraus. Bereits in der Nacht vom Freitag auf Samstag ignorierten die Aktivisten ein Verbot aller Kundgebungen durch die Wahlkommission am Tag des Nachdenkens vor den Wahlen und am Tag des Urnengangs selbst.

In ganz Spanien versammelten sich trotz des Verbots Zehntausende in den Camps. Allein in Madrid waren weit über 30.000 zum zentralen Platz Puerta de Sol gekommen. Viele verklebten sich um Punkt Mitternacht den Mund. Der „stumme Schrei“ – wie die Schweigeminute getauft wurde – endete in einem „Das Vereinte Volk wird niemals besiegt werden!“.

Auf die Fassade der Madrider Regionalregierung wurde in mehreren Sprachen das Wort „Unidad“ (Einheit) projiziert. Die Spanish Revolution, wie sich die Facebook-Mobilisierung nennt, postuliert ihren globalen Anspruch. REINER WANDLER