Südafrikas Opposition wächst

WAHLEN Der ANC schneidet trotz wachsenden Unmuts bei Kommunalwahlen überraschend gut ab. Die liberal-weiße Demokratische Allianz holt 24 Prozent

Der ANC büßte 3 Prozentpunkte ein, er regiert dennoch in 184 der 274 Wahlbezirke

AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI

Vor dem Hauptquartier des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) in der Johannesburger Innenstadt tanzten am späten Freitag Menschenmassen und legten den Straßenverkehr lahm. Der ANC feierte lautstark seinen Sieg: Die Partei erhielt 63 Prozent der Stimmen bei den Kommunalwahlen 2011 und regiert in 184 der 274 Wahlbezirke. Grund zum Feiern hatte aber auch die einst weiß-liberale Oppositionspartei, denn die Demokratische Allianz (DA) holte ein Viertel aller Stimmen: Mit 24 Prozent hat die Partei gut zugelegt im Vergleich zu den vergangenen Wahlen von 2006. Damals gewann die Demokratische Allianz rund 14 Prozent.

Als Südafrika 1994 die ersten freien Volkswahlen abhielt, kam die damals ausschließlich weiße Partei auf nur 1,7 Prozent. Doch die Erinnerung an die Apartheid und ihr weißes Regime scheint zu verblassen. Die Unzufriedenheit der Massen mit der Versorgung in den armen Townships ist sogar so stark angewachsen, dass ihre Loyalität zu der einstigen Befreiungsbewegung etwas bröckelt: Der ANC büßte 3 Prozentpunkte ein. Die sonst durch Wählerapathie gekennzeichneten Kommunalwahlen verzeichneten jetzt die höchste Wahlbeteiligung, die jemals bei diesen Wahlen erreicht wurden: 57,6 Prozent der 23 Millionen registrierten Wähler gaben ihre Stimme ab.

Die DA hatte sich 2010 mit den Unabhängigen Demokraten (ID) und ihrer farbigen Chefin Patricia de Lille verbunden, die von gemischtrassigen Wählern unterstützt wurde. Das zahlte sich jetzt aus, aber dennoch konnte DA-Führerin Helen Zille keine größere Stadt hinzugewinnen. Traditionell erhält DA in Kapstadt die meiste Unterstützung und sitzt dort mit über 65 Prozent im Bürgermeisteramt. Der ANC erhielt nur 29 Prozent. Die DA gewann auch sporadisch einige Bezirke hinzu, unter anderem das schwarze Township Alexandra in Johannesburg und einige Bezirke von Soweto.

Obwohl die „weiße Lady“ Helen Zille wie auch ANC-Chef und Regierungspräsident Jacob Zuma tanzend und singend in den Townships tourte, hat sie es nicht geschafft, die neue Heimat für schwarze Wähler zu werden. „Aber psychologisch ist es ein Durchbruch“, sagt der politische Kommentator Tinyiko Maluleke. „Denn dieses Wahlergebnis bedeutet, die DA ist nun eine Siegerpartei, und Wähler vergeuden nicht ihre Stimme.“

Für den Congress of the People (COPE), der 2008 von ehemaligen Mitgliedern des ANC gegründet wurde, gab es einen Denkzettel. Die Partei war wegen interner Machtkämpfe um Führungspositionen von Gericht zu Gericht gezogen. Jetzt erhielt COPE nur 2,2 Prozent und regiert in keiner Gemeinde. Ein Newcomer schnitt überraschend gut ab: die National Freedom Party (NFP) hatte sich vor nur drei Monaten von der Inkartha-Freedom Party (IFP) unter Zulu-Chef Mangosuthu Buthelezi in KwaZulu-Natal abgespalten, sie erzielte 2,4 Prozent der Stimmen. Die IFP erhielt 3,6 Prozent und verlor 5 Prozentpunkte gegenüber 2006. Die Bedeutung der einst mit dem ANC um Einfluss kämpfenden Partei ist gering geworden.