Zehn Thesen für soziale Teilhabe

Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben fordert den Ausbau ambulanter Hilfen für Menschen mit Behinderung

Statt behinderte Menschen in „Parallelwelten“ leben zu lassen, solle die Politik für soziale Teilhabe sorgen. Das forderte gestern die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland (ISL) bei ihrer Jahresversammlung.

Der Verein hat bundesweit über 25 Mitgliedsverbände. „Die bisherigen Eingliederungshilfen von etwa 11,8 Milliarden Euro gehen zu 90 Prozent in stationäre Einrichtungen und nur zu 10 Prozent in ambulante Hilfen“, erklärte Horst Frehe, der auch Sprecher des deutschen Behindertenrats ist. „Wir wollen, dass sich das Verhältnis umdreht.“

In Deutschland seien behinderte Menschen stärker isoliert als anderswo. So besuchten lediglich zwölf Prozent behinderter Schüler eine Regelschule, während es im restlichen Europa 80 Prozent sind. Horst Frehe fordert, die Gelder für stationäre Hilfen einzufrieren und sie allmählich für ambulante Hilfen umzuwidmen. In Norwegen gebe es bereits seit 1975 keine Ausgaben für „Sondereinrichtungen“ mehr. Ambulante Hilfen müssten so organisiert sein, dass behinderte Menschen selbst bestimmten können von wem sie, wann, welche Hilfe brauchen. Ein Teilhabegeld, dass bei einem Leistungsträger angesiedelt ist, soll – nach Vorstellungen des ISL – die derzeitige Förderungsstrukturen mit „bis zu fünf verschiedenen Leistungsträgern“ ablösen. Darüber hinaus sei auf die Anrechnung von Einkommen und Vermögen ganz zu verzichten. „Es kann nicht sein“, so Horst Frehe „ dass behinderte Menschen ihr gesamtes Geld dafür aufbringen müssen, die Nachteile der Behinderung auszugleichen.“ Als zentrale Säulen seines Konzept nannte er neben persönlichen Assistenzen, barrierefreies Bauen und die Gleichstellung im Beruf. PATT