Das blühende Leben

Menschenfreundliche Stadtteilkultur präsentieren Schwankhalle und Stadtgrün mit ihrem Neustädter „Gärten-Festival“. Dabei geht es weniger um die Blümchen, als um die Zweibeiner drum herum

von Eiken Bruhn

Die Saat geht auf: Vor drei Jahren waren Bremer und Bremerinnen aller Sparten aufgerufen, sich ein Projekt für die Kulturhauptstadt auszudenken – jetzt laden Schwankhalle und Stadtgrün in die Neustadt zum „1. Gärtenfestival Bremen“. Seit Donnerstag weiden also zwei Kühe in den Neustadtswallanlagen, treffen sich Menschen im Zelt „Zentralküche Neustadt“ und verdrücken frittierte Tomaten. Das Gemüse des Tages. „Lebenskünstler“ – wie der Stadtgrün-Mitarbeiter Hans-Dietrich Krätschell die Herren nennt, die an der Piepe zechen – vertauschen Blümchen gegen Gedichte. Hobbygärtner und gärtnerinnen zeigen, was ihnen blüht. Denis Fischer singt „Death Songs“ auf dem Friedhof. Natürlich laufen auch zwei verkleidete Schauspieler den Buntentorsteinweg auf und ab. „Rosi und Herbert suchen das Paradies“ heißt ihr Stück und ihr Rollkoffer quietscht so melodisch, als hätte ein Sounddesigner an den Rädern herumgefrickelt.

Menschenfreundliche Stadtteilkultur pflegen hier die beiden so unterschiedlichen Institutionen Stadtgrün und Schwankhalle, deren Konzepte zu öffentlichen Räumen gar nicht so unterschiedlich sind, findet der Landschaftsarchitekt Krätschell. Grünanlagen, für ihn „die Weichzonen der Stadt“, sollten sich am Bedarf von Nutzern orientieren – und dazu würden auch diejenigen gehören, die manch einer aus dem Stadtbild wünscht.

So ist das Festival auch die Galavorstellung für die umgestalteten Neustadtswallanlagen. Zuletzt wurde die Anlage um die Piepe verschönert, dem Rest des alten Neustadtsgrabens hinter dem Rotkreuz-Krankenhaus. Herausragendes Kennzeichen war bisher der Sauftrupp, der sich dort täglich versammelte. Dieser wurde nicht mittels Platzverweisen vertrieben, sondern umgesiedelt, in eine eigene, vom Weg abgeschirmte Ecke, direkt hinter einem Kiosk. Außerdem läuft ein Versuch, sie als Gärtner in das Parkleben miteinzubeziehen. Eine Fläche, die Stadtgrün aus Kostengründen als Rasen anlegen würde, wurde bepflanzt. Das ehrenamtliche Personal zum regelmäßigen Gießen und Jäten muss sich noch finden. Für die Dauer des Festivals unterstützt das Berliner Obdachlosen-Theater „Ratten 07“ das Projekt.

„Ob das funktioniert, wissen wir noch nicht“, sagt Krätschell. Für ihn ist aber klar, dass dieser Ansatz ordnungspolitischen Lösungen unbedingt vorzuziehen ist. „Dann verschiebt sich das Problem nur an eine andere Stelle.“ Die Planung von Grünanlagen, sein Job, müsse berücksichtigen, dass die Gesellschaft zum einen immer heterogener wird und zum anderen das Private zunehmend in der Öffentlichkeit stattfindet. Sprich: Die in den 50ern geplanten abgeschirmten grünen Zimmer, in denen sich der anständige Bürger am Sonntag die Beine vertrat, können in den Häcksler.

Festival bis 6. Mai (2. Mai: Ruhetag), 15 bis 20 Uhr. Mehr Infos: www.schwankhalle.de/garten. Oder vor Ort: Buntentorsteinweg 112