Die Kaffee-Schnüffler

Das Hamburger Speicherstadtmuseum bietet regelmäßig Kaffee-Verkostungen an. Wichtig ist dabei vor allem die Nase. Denn die feinen Aromen der erlesenen Sorten, die hier feilgeboten werden, kann der Gaumen allein gar nicht würdigen

VON BIRGIT GÄRTNER

Richtig schlürfen will gelernt sein. Die Vorkosterin aus dem Publikum bemüht sich redlich, doch der Profi kann es besser. Beim Kaffee-Experten Ináciao Teixeira allerdings klingt das Schlürfen mehr wie ein Schnupfen. „Das Riechzentrum ist bei der Kaffeeverkostung das Wichtigste“, sagt er. „Die Zunge schmeckt süß, sauer und bitter, die feinen Aromen nehmen wir mit jedoch dem Riechzentrum wahr.“ Aromen gibt es wahrlich genug an diesem Nachmittag bei der Kaffeeverkostung im Hamburger Speicherstadtmuseum. Denn unter den angebotenen Sorten sind einige der edelsten Kaffees der Welt.

Gleich zur Begrüßung werden kleine Schälchen mit grünen Kaffeebohnen herumgereicht und die TeilnehmerInnen dürfen an ihnen schnuppern. Parallel darf man Teixeiras Ausführungen zur hohen Kunst des Kaffeekochens lauschen: Das Wasser braucht eine Temperatur von etwa 90 Grad. Die wird erreicht, indem man kochendes Wasser drei Minuten lang ruhen lässt.

Diese Zeit kann man nutzen, indem man die – natürlich vor höchstens zwei Wochen gekauften – Kaffeebohnen aus dem Tiefkühlfach holt und die Bohnen frisch mahlt. Die Mühle dazu kostet etwa 800 Euro. Ein stolzer Preis, aber dafür kann man sich die Kaffeemaschine gänzlich sparen: Denn am besten, so der Fachmann, gibt man das Pulver einfach in die Kanne oder Tasse und brüht sie auf – wie zu Großmutters Zeiten. Das alles sollte man vier Minuten ziehen lassen, damit der Kaffee sein volles Aroma entfalten kann.

Danach steht dem ultimativen Kaffeegenuss nichts mehr im Weg – sofern, versteht sich, eine edle Bohne verwendet wurde. „Es gibt zwei objektive Kriterien für die Qualität eines Kaffees“, sagt Birgit Dahms, Mitveranstalterin der Verkostung. „Ein wirklich guter Kaffee schmeckt ohne Milch und Zucker und er ist auch kalt noch schmackhaft und bekömmlich.“

Unter den an diesem Nachmittag gereichten Kaffeebohnen befinden sich erlesene Sorten wie Rainwood-Forest-zertifizierter Kaffee aus Guatemala. Das ist nepalesischer Kaffee, der zwar nicht zertifiziert ist, aber aus „astreinem Bioanbau“ stammt, wie Teixeira glaubhaft versichert. Nur zwölf Tonnen Rainwood-Forest können jährlich geerntet werden.

Außerdem kann man im Speicherstadtmuseum den teuersten Kaffee der Welt besichtigen: Sulawesi Tongkonan Gunung Sesean Toraja beziehungsweise Toraja-Kaffee. In den indonesischen Gärten wird diese edle Bohne in Handarbeit angebaut. Ungefähr eine Tonne wird jährlich geerntet und anschließend in handgearbeiteten Holzfässern vertrieben. „Dieser Kaffee ist schon verkauft, bevor er überhaupt in den Handel kommt“, verrät Teixeira. Per Mausklick bestellt von wohlhabenden Japanern, die bereit sind, 38 Euro für 100 Gramm zu bezahlen.

Kaffee ist nach Erdöl das zweitgrößte Weltexportgut, der Hamburger Hafen nach New York der zweitgrößte Kaffeehafen der Welt und die in der Hansestadt ansässige Neumann KG ist die größte Kaffeehandelsgesellschaft der Welt, erklärt Ináciao Teixeira. Man lauscht noch ergriffen, als die eigentliche Verkostung beginnt. Eine Frau und ein Mann aus dem Publikum stellen sich als Vorkoster zur Verfügung. Zunächst müssen sie schlürfen lernen, dann den Kaffee beschreiben. Gar nicht so einfach das eine wie das andere. „Würzig“ ist wohl die meist benutzte Vokabel an diesem Nachmittag. Als die beiden fertig sind, dürfen auch die anderen schlürfen, und die viel gepriesenen Aromen kommen zum Tragen. Der Kaffee ist inzwischen kalt, schmeckt aber trotzdem. Ein gutes Zeichen, denn wir haben ja gelernt: Auch kalter Kaffee ist guter Kaffee.

Nächste Kaffeeverkostungen im Speicherstadtmuseum: 19. 5. + 23. 6. Infos bei KULTours, Bärbel Dahms, ☎ 28 05 07 08, Karten unter ☎ 32 11 91.