Es lebe die Menschlichkeit

Leistung und Erfolg sind nicht nur ökonomische Variablen, wenn man menschlich denkt: Ein Ehrenamt erweitert Horizonte. Vier Gesuche aus den Nordmetropolen Bremen, Hamburg, Hannover und Kiel für Arbeit, die sich lohnt

Schläft der aktive Einsatz für Mitmensch und Gemeinwohl im Individualismus der Leistungsgesellschaft einen tiefen Dornröschenschlaf? Ist die vulgärdarwinistische Idee vom „Survival of the fittest“, dem Überleben des Angepasstesten, das Leitprinzip sozialen Handelns?

Dass dem nicht alle blind folgen, zeigt der Mitternachtsbus des Diakonischen Werks in Hamburg: Seit zehn Jahren erfährt das Hilfsprojekt für Obdachlose einen regen Zustrom engagierter Menschen. Architekten, Frisöre, Tischler, Angestellte und Polizisten, Männlein wie Weiblein, Alte und Junge versorgen in den Abendstunden Wohnungslose mit Decken und warmen Speisen. Es gebe mehr Interessierte, als man aufnehmen könne, heißt es bei der Diakonie.

Dass also ein Ehrenamt neben dem Beruf das eigene Leben belebt und Spaß machen kann, zeigt dieses Projekt aus Hamburg. Dass viele Ehrenämter noch zu vergeben sind, versteht sich von selbst. Zum Beispiel in Hannover: „Wir suchen Ehrenamtliche für unseren Großelterndienst“, sagt Jutta Schulte vom dortigen Diakonischen Werk. Ältere Menschen werden hier an Familien mit Kindern vermittelt, die keine Großeltern oder unregelmäßigen Kontakt zu ihnen haben. Nach dem Kindergarten oder der Schule gestalten die „Wunschgroßeltern“ die Freizeit mit den Kindern. Schön findet Schulte, dass Generationen zusammenkämen, die heute oft isoliert voneinander lebten. Was sich so bald nicht für alle Interessierten ändern dürfte: „170 Kinder stehen derzeit auf unserer Warteliste“, sagt Schulte.

Der Caritasverband in Bremen hingegen sucht Helfer für die Generation, die im Altenpflegeheim wohnt: Ob begleiteter Arztbesuch oder Ausflug, gemeinsames Kochen und miteinander Sprechen – vieles hilft gegen die Last der Einsamkeit. „Jede Stunde“, sagt Frau Busch vom Caritas-Zentrum, „ist wichtig.“

Pädagogisch wertvoll wäre es für die Jugendlichen einer Wohngruppe in Kiel, sagt der Leiter des Projekts Rüdiger Kersting, wenn Kontakte auch zu Nicht-Pädagogen vorhanden wären. „Vertrauenspersonen, die keine Betreuer sind, fehlen den Jugendlichen oft. Sie sind aber sehr wichtig.“ Bei Interesse könne man sich gerne bei ihm melden. Und die Diakonie Hamburg späht für das Projekt „Gemeinsam Aktiv“ in den Stadtteilen Lurup und Osdorf nach Integrationspartnern – „Menschen, die Neuzugewanderte unterstützen wollen, sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden.“ Mart-Jan Knoche

Großelterndienst, Hannover: ☎ 0511/36 87-114; Altenbetreuung, Bremen: ☎ 0421/33 57 30; Jugendwohnprojekt, Kiel: ☎ 04331/13 81 39; „Gemeinsam Aktiv“, Hamburg: ☎ 0160/90 97 86 06