CHINAS NEUER AUSSENMINISTER ZEUGT VON EINEM PARADIGMENWECHSEL
: Strategie der Softpower

Eigentlich war klar: China wechselt nach dem Parteitag der Kommunisten im Herbst seinen Außenminister aus. Dass der neue Chefdiplomat der Volksrepublik nun schon gestern in sein Amt rutschte, zeigt nicht nur die erhöhte Wachsamkeit Pekings gegenüber seinen Kritikern im Ausland. Es ist auch ein weiterer Beleg für Chinas weitsichtig angelegte Softpower-Strategie. Softpower setzt auf die eigene Überzeugungskraft, sie will dem Gegenüber die eigenen Ziele plausibel machen, statt es einzuschüchtern.

Musterbeispiel für einen erfolgreichen chinesischen Softpower-Einsatz war der jüngste Japan-Besuch von Regierungschef Wen Jiabao. Wen gelang es mit vielen Gesten, das negative China-Image in Japan zu korrigieren. Er nahm dafür sogar die eigene Kritik an den revisionistischen Geschichtsauffassungen des japanischen Premiers zurück. Es ging ihm einzig darum, ein positives China-Bild zu projizieren.

Ein ähnliches Ziel verfolgt die Ernennung des chinesischen US-Experten Yang Jiechi zum neuen Außenminister. Yang hat allein 12 Jahre an der chinesischen Botschaft in Washington verbracht, war früher Übersetzer und ist wohl der erste chinesische Minister, der perfekt Englisch spricht. Seine Aufgabe wird es sein, Amerika zu umarmen. Sein Amtsantritt fällt nicht zufällig mit dem Beginn des US-Präsidentschaftswahlkampfs zusammen, in dem sich die antichinesischen Töne mehren. Schon wird der US-Kongress von einer protektionistisch gesinnten Anti-China-Lobby belagert, schon hat der US-Präsident ihrem Druck das erste Mal nachgegeben und China vor der Welthandelsorganisation verklagt.

Yang wird versuchen, die Kritik mit ruhigen, dem amerikanischen Publikum gegenüber verständlichen Worten abzuweisen. Sein Vorgänger Li Zhaoxing hätte da auf den Tisch gehauen. Er war einer, den man Chinas Stolz auf den Machtzugewinn der letzten Jahre stets deutlich anmerkte. Deshalb eignet er sich heute nicht mehr für seinen Job. Erst seine Absetzung aber zeigt Chinas Sinnen auf Überlegenheit: bei der Softpower. GEORG BLUME