Sicherheitsrat streitet um Zukunft Kosovos

Eine Delegation des Weltsicherheitsrats will die Lage vor Ort in Priština und in Belgrad erkunden. Zwischen Moskau und den Nato-Staaten gibt er erhebliche Differenzen um die Einschätzung des von UN-Vermittler Ahtisaari vorgelegten Autonomieplans

Die Delegation reist in zwei Flugzeugen. Darin zeigt sich der Streit in UN-Mission

AUS SPLIT ERICH RATHFELDER

Am heutigen Samstag will die 15-köpfige Delegation des Weltsicherheitsrats ihre „fact finding mission“ in Serbien und dem seit dem Juli 1999 von einer UN-Mission regierten Kosovo beenden. Dann wird sie die Hauptstädte Belgrad und Priština, die zwischen Serben und Albanern geteilte Stadt Mitrovica, die serbische Enklave Velika Hoca bei Orahovac, das nahe gelegenes Mala Krusa, wo im März 1999 genau 116 Albaner von Serben ermordet wurden, besucht und mit den Politikern beider Seiten gesprochen haben.

Die kosovarische Öffentlichkeit mokiert sich über die Mission, denn Kosovo sei seit fast 8 Jahren von der UN regiert und der Weltsicherheitsrat erhalte alle Informationen aus der UN-Administration vor Ort aus erster Hand. Zudem sei der nach 13 Monaten harter Verhandlungen zustandegekommene Plan des UN-Vermittlers Martti Ahtisaari mit dem Generalsekretär der UN abgestimmt, erklärte zum Beispiel die Zeitung Koha Ditore. Der Besuch spiegle die Spannungen, die sich im höchsten Gremium der Weltorganisation ergeben haben, im Kosovo prallten die gegensätzlichen Auffassungen von Russland und den Nato-Staaten aufeinander, erklären demgegenüber diplomatische Quellen aus Priština. Deshalb sei der Besuch durchaus sinnvoll.

Russland unterstützt die Position Serbiens, die dem Kosovo eine weit reichende Autonomie im Staatsverband Serbiens zugestehen will. Die Nato-Staaten haben sich auf die Durchsetzung des Plans von UN-Vermittler Martti Ahtisaari festgelegt, der einen von den USA und der EU kontrollierten unabhängigen Status für das Kosovo vorsieht.

Die Töne aus Moskau werden schärfer. Der stellvertretende Außenminister Wladimir Titow erklärte, der „Ahtisaari-Plan wird im Weltsicherheitsrat nicht bestätigt werden“. Damit droht Russland explizit mit dem Veto. Zwar schwächte Außenminister Sergei Lawrow dieses Statement etwas ab, indem er erklärte, es gäbe ja noch keine Resolution, gegen die Russland stimmen könne. Doch die Drohung Russlands scheint jetzt im Westen ernster genommen zu werden als noch vor wenigen Wochen.

Aus diplomatischen Kreisen hieß es damals immer wieder, Russland werde nicht einen Konflikt mit den USA und der Europäischen Union riskieren wollen. Es werde viel Wind erzeugt, um Serbien zu beruhigen und Stärke zu zeigen.

Doch jetzt scheint die Atmosphäre frostiger zu werden. Ein Zeichen dafür ist nach Meinung der kosovarischen Presse, dass der Weltsicherheitsrat in zwei Flugzeugen in die Region reiste. Und dass Präsident Wladimir Putin am Donnerstag die Probleme im Kaukasus ansprach, wenn in Kosovo ein Präzedenzfall geschaffen würde. Damit meinte der Präsident nicht nur die Konflikte in Georgien um die moskautreue abtrünnige Provinz Abchasien, sondern auch um den prorussischen Teilstaat Transnistrien in Moldawien.

Der belgische UNO-Botschafter Johan Verbeke, der die Mission des Weltsicherheitsrats nach Belgrad und nach Priština leitet, äußerte sich dennoch zufrieden über die absolvierten Gespräche.

Der Chef der UN-Mission im Kosovo, Joachim Rücker, bekräftige noch einmal, der Ahtisaari-Plan sei ein guter Kompromiss und kläre den Status des Kosovos zum Nutzen aller Bewohner, die endlich auch auf wirtschaftlichem Gebiet vorankommen wollten. Voraussetzung dafür sei aber die Klärung der Statusfrage. Ein Drittel des Plans behandele die Position der Serben im Lande, die über viele Rechte und damit gute Bedingungen verfügen werden, sagte Rücker. Die serbischen Gemeinden erhielten eine weitgehende Selbstverwaltung und verfügten über mehr Rechte als die anderen Minderheiten im Kosovo. Er forderte die serbische Minderheit auf, endlich den Boykott der Selbstverwaltungsorgane Kosovos zu beenden. Es ginge nicht an, einerseits das Parlament und die Administration zu boykottieren und andererseits die mangelnde Repräsentanz in den Selbstverwaltungsorganen zu beklagen.

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