In finaler Feuerlaune

Christoph Daum, der Trainer des 1. FC Köln, ist amtsmüde. Sein Klub hängt im Mittelfeld der 2. Liga fest und selbst ein José Mourinho oder Arsène Wenger können ihn nicht retten. Sagt Daum

AUS KÖLN DANIEL THEWELEIT

Der 1. FC Köln und sein schillernder Trainer Christoph Daum haben schon für so manche Kuriosität gesorgt während der laufenden Saison. Zuletzt war es aber recht still geworden am Geißbockheim, die Mannschaft hat es sich im Zweitligamittelmaß bequem gemacht, und nun könnten sie in aller Gelassenheit und mit einem angenehmen Zeitvorsprung die neue Saison vorbereiten. Aber Köln wäre nicht Köln, wenn es diese Ruhe aushalten könnte. Also wurde flugs eine neue Skurrilität produziert. Seit dem 0:2 gegen Greuther Fürth am vergangenen Sonntag läuft beim 1. FC Köln eine Episode, die man mit einer Frage überschreiben könnte: „Feuert da gerade ein Trainer seinen Verein?“

Wenn ein Übungsleiter kurz vor der Entlassung steht, dann ziehen sich Klubverantwortliche meist zurück und versuchen möglichst vernünftige Entscheidungen zu treffen. In Köln hat sich Christoph Daum „eine Auszeit“ erbeten, um „frei von Emotionalitäten“ zu überlegen, ob dieser Verein noch der richtige für ihn ist. Er sprach von „Zweifeln, die aufkommen“ und ergänzte: „Wenn sich diese Dinge bei mir festigen, dann bin ich ein Mann der klaren Worte.“ Das ist eigentlich der Duktus von Managern und Präsidenten, bevor sie zur finalen Tat schreiten.

In Köln hingegen hört sich Manager Michael Meier an wie ein eingeschüchterter Trainer, dem Böses schwant. Ihm persönlich gegenüber habe Daum „keine Anzeichen“ erkennen lassen, sagte Meier am Montagabend nach einer gemeinsamen Dienstreise mit Daum. Außerdem habe er die Worte Daums nur über Dritte gehört und könne sie daher nicht interpretieren. Der Kölner Klubsprecher hatte derweil am Montagmittag via dpa verkündet, dass der Verein „eine zeitnahe Entscheidung“ Daums erwarte.

Was Manager Meier nach den zweifelnden Worten Daums betreibt, muss man wohl als Schadensbegrenzung begreifen. Denn der Unsicherheitsfaktor stört die Planungen für das kommende Jahr empfindlich. Sie suchen Spieler, mit denen man aufsteigen kann, und wenn die Kandidaten das Gefühl haben, Daum sei auf dem Absprung, sind sie ungleich schwerer von einem Umzug nach Köln zu überzeugen. Daher versuchte Meier des Trainers Grübeleien am Sonntag zunächst als „gesunde Selbstkritik“ zu verkaufen. Da kannte er jedoch noch nicht die gesamte Frustrede Daums. „Man hätte hier die besten Trainer der Welt holen können, Rafael Benítez, José Mourinho als Assistenten und noch vielleicht Ottmar Hitzfeld und Arsène Wenger als Berater – der Klub würde heute genau da stehen, wo er jetzt steht“, hatte Daum gesagt. Das ist eher das Gegenteil von Selbstkritik.

Die genaue Beschaffenheit der Umstände, unter denen auch die besten Trainer der Welt scheitern würden, erläuterte Daum nicht. Offenbar hält er den Klub in seiner derzeitigen Verfassung für untrainierbar. Einen kleinen Hinweis auf den Herd des Übels gab Daum dann doch. Auf die Frage, ob das derzeitige Chaos nicht die Suche nach Sponsoren erschwere, antwortete er: Darüber müsse man sich keine Sorgen machen, denn dieses Feld werde von Geschäftsführer Claus Horstmann hervorragend bearbeitet. Zwischen den Zeilen heißt das, dass Daum auch die Arbeit Meiers und das Wirken des Präsidenten Wolfgang Overath zu den Gründen für den Niedergang des FC rechnet.

Daum selbst ist allerdings auch nicht schuldlos an der Großkrise des Kölner Fußballs. Als er im November kam, hatte die Mannschaft sechs Punkte Rückstand auf einen Aufstiegsplatz, jetzt sind es 13, und alle fünf Spieler, die er im Winter verpflichtete, enttäuschten. Außerdem sortierte er Leute wie Ricardo Cabanas oder Milivoje Novakovic aus, die sich später als sehr brauchbar erwiesen. „Ich bin eigentlich hier, um dem 1. FC Köln zu helfen, aber davon kann ich im Augenblick nicht viel erkennen“, merkte Daum richtig an und sprach von der „sportlich gesehen schwierigsten und enttäuschendsten Phase“ seiner 22-jährigen Cheftrainertätigkeit.

Die Fans sind dennoch mehrheitlich empört über Daums Abschiedsgedanken, das legt zumindest ein Blick in die Internetforen nahe. Selbst der SC Freiburg scheint sich nach 15 Jahren Volker Finke nicht in solch einer Abhängigkeit von einem Trainer zu befinden wie der 1. FC Köln nach sechs Monaten Daum. „Wenn er geht, was soll dann noch kommen?“, fragen sich viele. Antworten gibt es nicht.