Das Ding, das kommt
: Leben neu entdeckt

DIE PERÜCKE wird für die krebskranke Sophie van der Stap zum Zeichen trotziger Lebensfreude. In Hamburg kommt ihre Geschichte nun auf die Bühne

Niederschmetternd ist der Befund. 2005 wird bei Sophie van der Stap ein seltener bösartiger Weichteiltumor diagnostiziert, der sich an einem Lungenflügel festgesetzt hat. 21 Jahre alt ist sie da – und plötzlich mit einer Überlebenschance von 15 Prozent konfrontiert. Aber die Niederländerin gibt nicht auf. Bevor sie durch die Chemotherapie alle Haare verliert, lässt sie sich mit erhobenen Mittelfingern fotografieren. Kein „armes kleines Krebsbündel“ will sie sein, sondern aufräumen und saubermachen, das Leben renovieren.

Stella nennt sie ihre erste Perücke, unter der sie sich selbst kaum wiedererkennt. Acht weitere kauft sie in den folgenden Monaten. Mit jeder von ihnen lebt sie eine andere Facette ihrer Persönlichkeit aus, lebt in einer anderen Welt, entwickelt einen anderen Geschmack, findet andere Freunde. Im Nachtleben ist sie die rothaarige Oema, als gefallsüchtige Blondine heißt sie Daisy. Allmählich klingt die Wut auf das eigene Schicksal ab, an ihre Stelle tritt eine trotzige Lebensfreude. Heute gilt Sophie van der Stap als geheilt.

2006 verarbeitet sie ihren erfolgreichen Kampf gegen die Krankheit mit erstaunlicher Leichtigkeit und viel Galgenhumor in einem Blog, dann im autobiografischen Roman „Heute bin ich blond. Das Mädchen mit den neun Perücken“. Das Buch wird zum Bestseller, van der Stap tingelt durch Talkshows, schreibt für Magazine und Zeitungen. 2013 verfilmt Marc Rothemund ihre Autobiografie als Tragikomödie.

Seit Donnerstag ist am Hamburger Ernst-Deutsch-Theater auch eine Bühnenadaption von John von Düffel in einer Inszenierung von Wolf-Dietrich Spenger zu sehen.  MATT

■ Nächste Aufführungen: Sa, 4. 10., 19.30 Uhr, So, 5. 10., 15 Uhr + 19 Uhr, Ernst-Deutsch-Theater, Hamburg