Bush: „Wir haben ein Problem“

Klimaschutz sei notwendig, betont Präsident George W. Bush beim EU-USA-Gipfel. Verbindliche Vorgaben lehnt er jedoch ab. Wirtschaftspartnerschaft vereinbart

WASHINGTON dpa/afp ■ Die EU und die USA haben erstmals ein gemeinsames Vorgehen gegen den Klimawandel vereinbart – allerdings ohne konkrete Vorgaben. Das sei dennoch ein „Riesenschritt nach vorn“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montagabend. Sie war in ihrer Eigenschaft als EU-Ratspräsidentin nach Washington gereist.

Die USA gehen bei der Frage der globalen Erwärmung nach langem Zögern auf die Europäer zu. Die Regierung von US-Präsident George W. Bush hat das Phänomen noch vor wenigen Jahren als unwissenschaftliches Hirngespinst in Abrede gestellt. Nun sei man „auf einen gemeinsamen Nenner gekommen,“ erklärte Merkel.

„Wir erkennen an, dass wir ein Problem mit Treibhausgasen haben“, betonte Bush. Auf verbindliche Ziele, wie stark etwa der Ausstoß von Kohlendioxid gemindert werden soll, ließ sich der US-Präsident aber nicht ein. In einer gemeinsamen Erklärung bekannten sich beide Seiten nur zu dem „Ziel, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf einem Stand zu stabilisieren, der gefährliche, vom Menschen bewirkte Störungen des Klimasystems verhindert“.

Die EU sieht sich weltweit als Vorreiterin und will bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen um 20 Prozent senken. Bush lehnt Emissionsbeschränkungen per Gesetz nach wie vor ab, da sie die Wirtschaft belasten könnten. Der US-Präsident setzt auf die Industrie – und die Entwicklung von Umwelttechnik.

Mehr Autos sollen mit Biodiesel fahren, Strom soll aus schadstoffarmer Kohle gewonnen werden. Profitable Neuentwicklungen in der Technologie sollen die Erderwärmung lindern. Jedes Land solle seinen eigenen Weg finden, heißt es denn auch in der Abschlusserklärung.

Bush bekennt sich zum Vorgehen gegen den Klimawandel – und reagiert damit auf den Stimmungsumschwung, der die USA in den vergangenen Monaten erfasst hat. Der Klimawandel ist zum großen Thema geworden. Es findet Aufmerksamkeit.

Während das Weiße Haus in kleinen Schritten eine neue Umweltpolitik sondiert, preschen andere vor. Ein gutes Dutzend US-Bundesstaaten hat eigene Gesetze zur Begrenzung des Schadstoffausstoßes erlassen. Selbst in Teilen der US-Wirtschaft zeichnet sich ein Umdenken ab. Erst vor kurzem haben die Vorstandsvorsitzenden von neun großen Konzernen eine eigene Initiative zum Klimaschutz gestartet – mit verbindlichen Vorschriften zur Verringerung von Treibhausgasen. Die US-Konzerne dürften fürchten, in der Umwelttechnik den Anschluss an internationale Bewerber zu verlieren, deren Heimatländer eine aktive Klimapolitik betreiben.

Die EU und die USA wollen den gemeinsamen Handel künftig verstärken: Auf dem Gipfel wurde auch die Einrichtung eines ständigen Wirtschaftsrates beschlossen. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und der EU seien „die wichtigsten weltweit“, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. 40 Prozent des weltweiten Handels läuft zwischen den USA und der EU ab. Allein zwischen Deutschland und den USA beträgt das jährliche Handelsvolumen etwa 125 Milliarden US-Dollar.

Es gebe aber noch immer Potenzial, das noch nicht genutzt werde, so Barroso. Unterschiedliche Vorschriften über Normen und Standards machten es Herstellern in der EU und den USA bislang schwer, ihre Produkte ohne Mehraufwand auf der anderen Seite des Atlantiks abzusetzen. Als Erstes sollen nun die Zulassungsstandards für Kosmetika und die Sicherheitsvorschriften für Autos und Autozubehör angeglichen werden.