Kasachstan gegen China

Die Reaktionen auf das Nein der norwegischen Regierung zur Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2022 hätten kaum unterschiedlicher ausfallen können. Norwegische Zeitungen wie das auflagenstärkste Blatt Aftenposten bewerteten den Rückzug als verheerend für das Internationale Olympische Komitee (IOC): „Sie haben Oslo nie die Hand gereicht. Jetzt wird das IOC zugrunde gehen – und die Winterspiele nähern sich ihrem historischen Ende.“ IOC-Chef Thomas Bach hingegen wiegelte ab. Niemand müsse sich Sorgen machen. Olympia sei immer noch ein „Premiumprodukt“.

Letztere Einschätzung wird gewiss niemand in Abrede stellen. Die Durchkommerzialisierung der letzten Jahre hat das größte Sportfest zu einem Luxusgut werden lassen. Die damit verbundenen immensen Ausgaben für dieses Großevent sind in Ländern, wo man noch auf die Stimmungslage der Bevölkerung Rücksicht nehmen muss, nicht mehr vermittelbar. So haben nun im Wettbewerb um die Winterspiele 2022 alle Kandidaten demokratischer Herkunft den Rückzug angetreten. Graubünden, München, Stockholm, Lemberg, Krakau und zuletzt eben Oslo. Die Machthaber in Kasachstan und China werden nun das Rennen unter sich ausmachen. Das IOC kann sich nur noch zwischen Almaty und Peking entscheiden.

Die Spiele sind zu einem Ungetüm geworden. Die Dominokette Graubünden–München–Stockholm–Lemberg–Krakau–Oslo ist für das IOC mehr als nur ein PR-Desaster, zementiert sie doch den Eindruck, dass nichtdemokratische Strukturen die Chancen erhöhen, das hochgezüchtete „Premiumprodukt“ ins eigene Land zu holen. Der Reformdruck – das weiß auch der beschwichtigende Thomas Bach – ist größer denn je. JOK