Die Grenze der Erfahrung

In seinem Film „Picture of Light“ macht sich der schweizerisch-kanadische Filmemacher Peter Mettler auf die Reise in den Norden, um das Naturwunder der Nordlichter auf Zelluloid zu bannen

Do, 3. 5., 20 Uhr, Lichtmess, Gaußstraße 25

„Wenn es Western gibt, warum kann es keine Northern geben?“, hat sich die kanadische Schriftstellerin Aritha van Herk vor knapp zwanzig Jahren gefragt. Die Frage ist berechtigt, denn was für die US-Amerikaner der Westen ist, ist für die Kanadier der Norden: ein imaginäres Terrain voller Schrecken und Wunder, eine Herausforderung an Mensch und Technik.

Vielleicht war das, neben der mit dem Schweizer Meteorologen und Schneekünstler Andreas Züst geteilten Begeisterung für das Phänomen der Nordlichter, ein Beweggrund, weshalb der schweizerisch-kanadische Filmemacher Peter Mettler sich mit einem Team auf den Weg nach Churchill im kanadischen Manitoba gemacht hat – fünftausend Kilometer auf einer eingleisigen Eisenbahnstrecke an den Rand der Welt, dorthin, wo es dunkel genug ist, um das Nordlicht auf Zelluloid zu bannen. Hier, im Norden Kanadas, ist jede Straße eine Sackgasse – dahinter liegt nur noch, wofür die Inuit 17 Wörter haben: Schnee und Eis.

So ist „Picture of Light“ auch eine Reise auf der Suche nach den Möglichkeiten des Films. Macht derjenige, der die Aurorae borealis mit den eigenen Augen im eisigen Norden erlebt, eine andere Erfahrung als der, der sie im Kino sieht? Ist die Erfahrung der Nordlichter vermittelbar? Denn es könnte gut sein, dass Nordlichter nicht gefilmt werden können. „Die Natur kann nicht gefilmt werden. Dieser Film steht im Konflikt mit der Natur. Ist es nur ein Surrogat für die wirkliche Sache? Ist Film ein Surrogat für echte Erfahrung?“ So ist „Picture of Light“ vor allem ein Film über eine Grenzen setzende Natur auf der einen Seite und eine Technik auf der anderen Seite, die diese Grenzen zu überschreiten sucht – und den Mensch mitten innerhalb dieses Paradoxes.

Und so geht die Faszination auf der Suche nach dem Wunderbaren immer einher mit einer grundsätzlichen Skepsis und einer Untersuchung der Grenzen der Erfahrung: „Wir kamen in den Norden, um ein Bild des Lichtes zu erhaschen. Wir leben in einer Zeit, in der Dinge, wenn sie nicht im Bild erfasst sind, nicht zu existieren scheinen… Aber wenn du die Augen schließt, kannst du die Lichter deiner eigenen Retina sehen – nicht unähnlich den Nordlichtern…“ ROBERT MATTHIES