Der April dörrte die Felder aus

Sonnentage, Niederschläge und Temperaturen erreichten in diesem Jahr Rekordwerte. Die Landwirte sind Wetterkapriolen gewohnt. Weil die Weiden so mager sind, lässt mancher Bauer die Tiere im Stall

VON GERNOT KNÖDLER

Seit fünf Wochen hat es in Norddeutschland praktisch nicht mehr geregnet. Den Landwirten macht das in sehr unterschiedlichem Maß zu schaffen. Die Bauern in der Marsch müssen sich weniger Sorgen machen als die auf der Geest. Deren leichte Sandböden können die Feuchtigkeit aus dem regenreichen Winter nicht so leicht speichern. Viele Obstbauern haben ohnehin Beregnungsanlagen.

Der April sei „außer-außergewöhnlich“ gewesen, bestätigt Uwe Kirsche vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Frankfurt. Der Monat sei im Vergleich zu den langjährigen Mittelwerten zu warm, zu trocken, zu sonnig gewesen und habe dabei alle in den vergangenen Jahrzehnten gemessenen Werte übertroffen. In Niedersachsen lag die Durchschnittstemperatur bei 11,4 Grad, üblich sind 7,4 Grad. Es hat 4,7 Liter pro Quadratmeter geregnet, normal sind 52,1 Liter. Die Sonne schien 253 Stunden lang, statt 154 Stunden wie im langjährigen Mittel. In Schleswig-Holstein bietet sich das gleiche Bild: Hier ist es üblicherweise etwas kälter als in Niedersachsen; es regnet weniger und die Sonne scheint etwas länger. Das ist auch in dem mediterranen April so geblieben.

In Schleswig-Holstein sei die Lage besser als in anderen Bundesländern, sagt Meike Newe vom schleswig-holsteinischen Bauernverband. „Wir haben im Winter ungewöhnlich viel Niederschlag gehabt“, sagt Newe. Brandenburg dagegen habe fast nichts abbekommen. Es sei nicht so heiß wie in den südlichen Ländern. Die Trockenheit mache die Aussaat leichter, weil die Trecker nicht in den Äckern versänken. Der Boden sei vielerorts feucht genug, Mais, Zuckerrübe und Sommergerste keimen zu lassen. Allerdings sei jetzt gerade die Hauptwachstumszeit. Ohne Regen bleibe jedoch der Dünger auf den Feldern liegen, statt in den Boden zu sickern.

Wie stark sich die Dürre auswirkt, hängt Newe zufolge ganz davon ab, wo im Land ein Acker liegt. An der Westküste mit ihren speicherfähigen Marschböden sei die Situation „nicht schlimm“. Auch die Feldfrüchte auf den schweren Lehmböden im östlichen Landesteil litten nur wenig. Schwer sei es für die Bauern auf der Geest, dem Mittelrücken, wo der Sandboden wie in der Lüneburger Heide die Feuchtigkeit nicht so gut halten könne. Sie habe von einzelnen Feldern gehört, die bewässert würden, sagt Newe. „Das ist sehr ungewöhnlich.“ An manchen Orten habe das Grünland so stark gelitten, dass die Bauern ihre Herden wieder in die Ställe getrieben hätten.

„Dort, wo man beregnen kann, wird das auch getan“, sagt Matthias Görgens, der stellvertretende Leiter des Obstbau-Versuchs- und Beratungszentrums im niedersächsischen Jork. Die Obstbauern im Alten Land stellten wegen der kühlen Nachttemperaturen ohnehin die Frostschutzberegnung an. Sollte mehr bewässert werden müssen, fallen vor allem Pumpkosten an. Görgens zufolge sind die kommenden Tage entscheidend dafür, ob es zu Ertragseinbußen, insbesondere bei den Erdbeeren, kommen wird.

Die Meteorologen können den Bauern keine schnelle Wetteränderung versprechen. Während es in Süddeutschland zum Wochenende hin wohl regnen wird, bleibt es im Norden mindestens bis Anfang der kommenden Woche bei um die 20 Grad trocken.