Die Retter der Meere

Eröffnung der internationalen Konferenz zum „Grünbuch Meere“ der EU-Kommission in Bremen. Mit dem Skelett eines Kabeljaus warnt der WWF vor dem Rathaus vor Überfischung, drinnen beteuert die EU, die Ozeane bewahren zu wollen

„Mit dem Fisch stirbt der Ozean“, fürchtet der Meeresexperte Stephan Lutter vom World Wide Fund for Nature (WWF). Vor allem die europäischen Meere seien „überfischt, verschmutzt, ausgebeutet und verbaut“. Deshalb hat die Umweltstiftung mit einem überdimensionalen Kabeljau-Skelett gestern Nachmittag auf dem Bremer Rathausmarkt gegen die Ausbeutung der Ozeane protestiert. Anlass war die Eröffnung der dreitägigen internationalen Konferenz zum „Grünbuch Meere“ der EU-Kommission.

Während draußen vor der Tür der WWF von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Umkehr in der Meeres- und Fischereipolitik forderte, versicherte ein halbes Dutzend hochrangiger Vertreter von EU und Bundesregierung im Pressesaal des Rathauses, genau dies zu wollen. „Naturschutz und Fischerei müssen kein Gegensatz sein“, erklärte der Stabsleiter für Maritime Politik, John Richardson, auf einem halbtägigen Workshop für 14 Journalisten aus EU-Küstenländern.

Das Ergebnis des Briefings lautet: Die im Juni 2006 im Entwurf vorgelegten Diskussionspapiere, das so genannte Meeres-Grünbuch der EU, sind im Grundsatz eine gute Sache – entscheidend aber wird die konkrete Umsetzung sein. Die Konfliktlinie zwischen Ökonomie und Ökologie ist der rote Faden im elfmonatigen Diskussionsprozess mit bislang 234 Konferenzen in den EU-Küstenländern.

„Es ist die größte und intensivste Debatte, die in der Europäischen Union jemals geführt wurde“, sagt Richardson.

Wenn morgen Abend die 235. Tagung beendet ist, wird die deutsche Position zu dem Diskussionspapier feststehen. Wie diese lauten dürfte, deutete Jörg Hennerkes, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, an: „Wir wollen die Ökonomie der Küstenregionen nutzen und bewahren – in der Schifffahrt, im Fischfang, im Tourismus, in der Energiewirtschaft.“

Bei diesem politischen Spagat kann man sich leicht verrenken, das sieht auch EU-Meereskommissar Joe Borg. All diese Interessen könnten „leicht miteinander in Konflikt treten“, räumt er ein. Es sei eine „echte Herausforderung, daraus eine europäische Politik zu gestalten“. Im November wird die EU-Kommission die Endfassung des Grünbuchs vorlegen. Sie soll „konkrete Handlungsanweisungen“ enthalten, bekräftigte Richardson gestern erneut. Und keine Behandlungsanweisungen für Zerrungen.

SVEN-MICHAEL VEIT

wirtschaft & umwelt SEITE 8