Haftbefehle gegen Kriegsführer im Sudan

Wegen Darfur verlangt der Internationale Strafgerichtshof erstmals Haft für Mitglieder einer amtierenden Regierung

BERLIN taz ■ Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehl gegen einen Minister und einen Milizenführer im Sudan wegen Verantwortung für Kriegsverbrechen in der Region Darfur erlassen. Ahmed Haroun, Staatssekretär für humanitäre Angelegenheiten und 2003 bis 2004 verantwortlich für Darfur in Sudans Innenministerium, und Ali Kushayb, einer der Führer der für zahlreiche Verbrechen verantwortlichen Janjaweed-Milizen, werden für jeweils 42 und 50 verschiedene Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht. Bei Haroun geht es vor allem um die Organisierung und Finanzierung der Janjaweed, bei Kushayb um die Leitung von Massenmorden und Massenvergewaltigungen. Die Vorwürfe beziehen sich auf eine Gruppe von Dörfern in der Provinz West-Darfur.

„Wir haben unter sehr schwierigen Umständen eine Untersuchung abgeschlossen“, sagte IStGH-Chefankläger Luis Moreno Ocampo. „Wir haben aus den Geschichten der Zeugen Aussagen gemacht, und nun haben die Richter das Gewicht dieser Aussagen bestätigt.“ Moreno Ocampo hatte im Februar die beiden Haftbefehle beantragt.

Es ist das erste Mal, dass der 2002 gegründete Strafgerichtshof Haftbefehle gegen Angehörige einer Regierung erhebt. Bisher wurden lediglich Milizenführer aus Uganda und der Demokratischen Republik Kongo mit Haftbefehlen belegt. Der kongolesische Milizenchef Thomas Lubanga wartet derzeit als einziger IStGH-Häftling in Den Haag auf seinen Prozess.

Sudan habe jetzt eine „rechtliche Verpflichtung“, die beiden Gesuchten festzunehmen, sagte der Chefankläger. Sudans Regierung hat mehrmals eine Zusammenarbeit mit dem IStGH abgelehnt. Am 12. April hatte Moreno Ocampo die sudanesische Regierung schriftlich zur Kooperation aufgefordert; der unveröffentlichte Brief soll nach Medienberichten eine formelle Vorladung enthalten haben. Als der Brief unbeantwortet blieb, folgte am 1. Mai die Ausstellung der Haftbefehle, die gestern bekannt gegeben wurden.

Beobachter erwarten, dass die EU und der UN-Sicherheitsrat bis Juni warten, um zu sehen, ob Sudan mit dem Strafgerichtshof kooperiert. Wenn nicht, sind zusätzliche Sanktionen denkbar.

DOMINIC JOHNSON